Fiat Chrysler will Zusammenschluss mit Renault

Fiat Chrysler will Zusammenschluss mit Renault
John Elkann, Vorstandsvorsitzender von Fiat Chrysler Automobiles (FCA).

London / Boulogne-Billancourt – Fiat Chrysler will mit Renault fusionieren und zum weltweit drittgrössten Autohersteller aufsteigen. Die neue Gigant würde die Marktführer Volkswagen und Toyota herausfordern.

Der französische Staat, der 15 Prozent an Renault hält, signalisierte am Montag sein Wohlwollen für den Milliardendeal. Auch Renault reagierte mit Interesse auf die Offerte des italienisch-amerikanischen Konzerns.

Fiat Chrysler (FCA) schlug vor, dass beide Unternehmensgruppen je die Hälfte an der neuen Gesellschaft halten. Durch die Fusion erhoffen sich die Konzerne jährliche Einsparungen von fünf Milliarden Euro. Zusammen würden sie auf 8,7 Millionen Fahrzeuge im Jahr kommen. Die Aktienkurse der beiden Hersteller schossen in Mailand und Paris kräftig in die Höhe. Zuletzt lagen die FCA-Papiere mit gut 11 Prozent im Plus, für die Titel von Renault ging es sogar um 15 Prozent aufwärts.

«Enormer Zwang zu Kooperationen»
Aus Sicht von Experten zeigt die Ankündigung von Fiat Chrysler einmal mehr den Druck, den der Wandel in der Branche auf die Hersteller ausübt. «Es gibt einen enormen Zwang zu Kooperationen», sagte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach.

Elektromobilität und autonomes Fahren kosten derart viel Geld, dass sich selbst Hersteller vom Kaliber eines Daimler oder BMW keinen Alleingang zutrauen. Dazu kommt im konkreten Fall: Fiat Chrysler braucht dringend einen Technologiepartner, Renault wiederum kämpft gegen das Auseinanderdriften der Allianz mit Nissan und Mitsubishi – und sitzt dort am kürzeren Hebel, wie es Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen formuliert.

FCA-Chef Mike Manley schrieb an die Mitarbeiter, die Gründung der neuen Gesellschaft könnte mehr als ein Jahr dauern. «Auch wenn es noch keine Sicherheit gibt, dass die Operation vollzogen wird, wollen wir so schnell wie möglich voranschreiten, um ein definitives Abkommen mit der Renault-Gruppe zu schliessen.»

» Wir brauchen heute Giganten»
«Wir brauchen heute (Industrie-) Giganten, die sich in Europa bilden», sagte die französische Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye den Sendern BFMTV und RMC. Frankreich dringt darauf, dass Europa auf wirtschaftlicher Ebene seine Souveränität energisch verteidigt und weltweit konkurrenzfähige Branchenriesen schafft.

Der französische Hersteller Renault ist seit langem mit den japanischen Autobauern Nissan und Mitsubishi in einer Allianz verbunden. Zusammen verkauften sie im vergangenen Jahr 10,76 Millionen Fahrzeuge. Mit FCA kämen die Hersteller auf mehr als 15 Millionen. Sie würden damit deutlich Volkswagen (10,83 Millionen) überholen. Die Wolfsburger hielten sich bedeckt: VW wollte die Ankündigung der Konkurrenten nicht kommentieren.

Unerwartet kommt die Offerte nicht: Es habe bereits Gespräche zwischen beiden Unternehmen gegeben, um Produkte und Regionen für eine Zusammenarbeit zu identifizieren, berichtete Fiat Chrysler. Der Konzern begründete die Fusion mit den rasanten Veränderungen in der Branche. FCA führt unter anderen die Marken Alfa Romeo, Fiat, Chrysler, Dodge, Jeep oder Maserati und hat rund 199 000 Beschäftige.

«Keine Fabrikschliessungen»
Fiat Chrysler versicherte, es sollten keine Fabriken geschlossen werden. Als Vorteil werden auch die unterschiedlichen Stärken gesehen. Während Renault in Europa, Russland oder Afrika gut vertreten sei, sei FCA vor allem auf dem amerikanischen Kontinent verankert.

Die französische Regierung pocht auf Bedingungen. So solle bei einem Zusammenschluss die Allianz von Renault mit Nissan und Mitsubishi bewahrt und gestärkt werden. Der Staat werde auch auf die Beschäftigen achten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Die französische Hardliner-Gewerkschaft CGT fordert laut Medienberichten, dass der Staat eine Sperrminorität behalten müsse.

Renault-Bündnis mit Nissan in der Krise
Nach der Verhaftung des schillernden Automanagers Carlos Ghosn wegen angeblichen Verstosses gegen Börsenauflagen in Japan war das französisch-japanische Autobündnis in eine Krise geraten. Renault wollte sich enger an Nissan binden und strebte eine Fusion an. Nissan-Chef Hiroto Saikawa machte aber deutlich, dass man einen Zusammenschluss für unnötig halte. Falls eine Fusion mit Fiat Chrysler gelinge, stärke das auch Renault gegenüber den Japanern, hiess es in Paris. Renault hält 43,4 Prozent der Anteile an Nissan. Nissan ist seinerseits zu 15 Prozent an Renault beteiligt.

In Italien zeigte sich Vize-Premier Matteo Salvini «stolz» angesichts der Aussicht auf einen neuen Autogiganten mit italienischen Wurzeln. «Wenn Fiat wächst, ist das eine gute Nachricht für Italien und für die Italiener.» Es sei aber «fundamental», dass Arbeitsplätze geschützt würden.

Allerdings liegen Regierungen in Rom und Paris im Clinch. Bei Renault ist den Italienern vor allem die Staatsbeteiligung ein Dorn im Auge. Der Wirtschaftsexperte der rechten Lega, Claudio Borghi, brachte sogar eine mögliche italienische Staatsbeteiligung ins Gespräch. «Wir werden sehr aufmerksam sein, dass das Erbe der italienischen Geschichte wertgeschätzt wird. Andernfalls werden wir einschreiten», sagte Borghi im Sender La7. Er gilt als rechte Hand von Parteichef Salvini.

Dudenhöffer: Mahnendes Beispiel Opel
Branchenkenner warnen bei der geplanten Auto-Hochzeit vor Problemen. So wie es Opel mit der PSA-Gruppe erging, könne Fiat unter die Räder kommen, meinte Dudenhöffer. Und auch Bratzel verwies auf die sehr unterschiedlichen Kulturen in beiden Konzernen. Bis es wirklich Synergien zu heben gebe, müsse man wohl einige Jahre durchhalten. «Es kann gelingen, aber ein Selbstläufer wird das nicht.». Für Stefan Reindl, den Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen, stellt sich die Frage: Wer wolle so ein riesiges Gebilde überhaupt steuern? Darin stecke ein grosses Risiko.

Dass ein Branchenriese aus Fiat Chrysler, Renault, Nissan und Mitsubishi zur Gefahr für VW werden könne, sehen Experten eher nicht. «Bei VW muss jetzt niemand in Angst ausbrechen», sagte Dudenhöffer. Er sieht eher die kleinen Hersteller wie Ford in Europa unter Druck gesetzt. «Da wird die Luft dünn», prophezeit er und erwartet, dass Ford deshalb nun mit Nachdruck versuchen wird, die geplante Partnerschaft mit VW voranzutreiben. «VW hat die strategische Grösse», sagte auch Bratzel. «Sorgen würde ich mir da nicht machen.» (awp/mc/ps)

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