Zürich – Der FIFA-Kongress hat an einem Zoom-Meeting die Austragungsorte der WM-Endrunden 2030 und 2034 bestimmt. Während die WM 2030 in Spanien, Portugal und Marokko – plus drei Partien in Südamerika – über die Bühne geht, findet die Endrunde 2034 in Saudi-Arabien statt – trotz viel Kritik an der Menschenrechtslage im Wüstenstaat.
Die Entscheidungen kommen nicht überraschend, standen doch gar keine anderen Ausrichter zur Verfügung. Ausserdem wurde gleichzeitig über die Vergabe der beiden Weltmeisterschaften abgestimmt. Wer also hätte gegen eine WM in Saudi-Arabien abstimmen wollen, hätte damit auch gegen eine Endrunde in Spanien, Portugal und Marokko gestimmt. Schon deshalb war von europäischer Seite her wenig Gegenwehr zu erwarten.
Das eigentümliche Vorgehen der FIFA gipfelte im Herbst letzten Jahres in einem Instagram-Post von FIFA-Präsident Gianni Infantino, der am 31. Oktober 2023 auf Instagram quasi offiziell erklärte, dass Saudi-Arabien Gastgeber der WM-Endrunde 2034 sein werde. Zu diesem Zeitpunkt ware der Vergabeprozess noch nicht abgeschlossen – und der Entscheid liegt beim FIFA-Kongress.
SFV hat Bedenken – stimmt aber trotzdem zu
Auch der Schweizerische Fussballverband SFV unterstützte das Vorgehen – wenn auch mit Vorbehalten. Zentralpräsident Dominique Blanc erläuterte am Dienstag, dass es «im Bereich der Arbeiter- und Menschenrechte» Bedenken gebe. Diese konkreten Punkte seien in einem Brief an die FIFA formuliert und auch Forderungen gestellt und Vorschläge eingebracht worden. «Wir wollen uns sicher sein, dass die Massnahmen auch umgesetzt werden. Deshalb fordern wir die FIFA auf, dass der ganze Prozess von unabhängigen Menschenrechts-Organisationen wie z.B. Amnesty International begleitet wird», sagte Blanc in einem Interview mit SRF.
Letztlich entscheidend sei das Kandidaturen-Dossier mit einer weitreichenden Menschenrechtsstrategie gewesen, wird Blanc auf der Website des SFV zitiert. «Das hat uns aufgezeigt, dass die FIFA und die Organisatoren aus Katar gelernt haben. Basierend darauf wollen wir den Weg weitergehen, den wir im Hinblick auf die WM in Katar eingeschlagen haben. ‘Dialog anstatt Boykott’ mit dem Ziel, die Situation vor Ort mit unserem bescheidenen Einfluss als Fussballverband zu verbessern versuchen», so Blanc.
Saudi-Arabien kann mit der WM 2034 seinem Handbuch für Imagepflege nun also das krönende Kapital zufügen. Die WM bietet dem Land die Möglichkeit, sich global als modernes, weltoffenes Land zu präsentieren – ein wichtiger Bestandteil der Strategie, das Image des Landes über die bisherigen Assoziationen mit Öl und konservativer Politik hinaus zu diversifizieren. Ausserdem stärkt das Königreich mit der Ausrichtung der WM seinen Einfluss in der internationalen Politik und Kultur. Ob die Rechnung, mit Sportwashing von Menschenrechtsfragen, politischer Unterdrückung und anderen Kritikpunkten abzulenken aufgeht, wird sich weisen.
WM der Superlative
Teil der Imagepflege ist das Streben nach Gigantismus, wie er auch im Hinblick auf die Endrunde geplant ist. Insgesamt sind 15 Stadien in fünf Städten vorgesehen. Das Leuchtturmprojekt ist das futuristische Stadion in Neom, das in 350 Metern Höhe über dem Boden in einer noch im Bau befindlichen Stadt errichtet werden soll. In der Hauptstadt Riyadh entstehen acht neue oder modernisierte Stadien, darunter das King-Salman-Stadion mit einer Kapazität von über 92’000 Zuschauern, wo das Eröffnungs- und Finalspiel ausgetragen wird.
Ausbau der Infrastruktur
Daneben wird in den Ausbau von Flughäfen, Schnellstrassen und öffentlichem Verkehr investiert, um die verschiedenen Austragungsorte besser miteinander zu verbinden. Ausserdem wird der Fokus auf luxuriöse Unterkünfte, Freizeitparks und kulturelle Attraktionen gelegt, um internationale Besucher anzuziehen.
Nach Katar dürfte die WM in Saudi-Arabien übrigens zur zweiten Winter-WM werden. Zu den üblichen Spieldaten im Juni/Juli ist es mit Temperaturen über 40 Grad schlicht zu heiss, um Fussball zu spielen. Für die FIFA ist dieser aber letztlich eh nur ein Mittel zur Gewinnmaximierung. (mc/pg)