Helsinki – Die Regierung in Finnland will einen Antrag auf Beitritt zur Nato stellen. Das teilten der finnische Präsident Sauli Niinistö und Regierungschefin Sanna Marin am Sonntag in Helsinki mit. Das finnische Parlament muss dem Schritt noch zustimmen, eine Mehrheit gilt aber als sicher. Niinistö und Marin sprachen am Sonntag mehrfach von einem «historischen Tag» für das skandinavische Land. «Ein neues Zeitalter beginnt», so der Präsident. Schweden dürfte Finnland schon bald folgen.
Finnland war seit Jahrzehnten bündnisfrei und teilt sich mit Russland eine rund 1300 Kilometer lange Grenze. Lange galt ein Beitritt in die Militärallianz als undenkbar – schliesslich wollten es sich die Finnen nicht mit dem grossen Nachbarn im Osten verscherzen. Doch der Angriffskrieg Moskaus gegen die Ukraine hat bei Politikern und in der Bevölkerung zu einem Umdenken geführt.
«Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich alles verändert und ich persönlich denke, wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass es eine friedliche Zukunft geben wird neben Russland und auf uns alleine gestellt», sagte Marin. Man habe es mit einem sehr veränderten Russland zu tun als noch vor wenigen Monaten. Über mögliche russische Repressalien sagte sie: «Wir sind natürlich auf alle möglichen Aktionen von russischer Seite vorbereitet.»
Mehrheit im Parlament sicher
Der Entscheidung gingen eine intensive gesellschaftliche Debatte und umfassende politische Beratungen voraus. Sowohl Niinistö als auch Marin hatten zuletzt für den Beitritt in die Militärallianz geworben. Erst am Samstag hatte sich auch Marins sozialdemokratische Regierungspartei SDP für den Schritt ausgesprochen. Damit gilt eine Mehrheit im Parlament für einen Nato-Beitritt als sicher. Auch die Bevölkerung befürwortet den Schritt laut jüngsten Meinungsumfragen inzwischen mehrheitlich.
Schwedens regierende Sozialdemokraten sprechen sich für Nato-Beitritt aus
Nach Finnland haben sich in Schweden die regierenden Sozialdemokraten für einen Beitritt des Landes zur Nato ausgesprochen. Damit ebnen sie den Weg für ein Aufnahmegesuch, mit dem das skandinavische Land sich von seiner jahrzehntelangen Neutralität verabschieden würde. Die Entscheidung der Sozialdemokraten dürfte zu einer grossen Mehrheit im schwedischen Parlament stehen. Weite Teile der Opposition haben bereits ihre Zustimmung zu einem Nato-Aufnahmeantrag signalisiert. Die Minderheitsregierung von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson dürfte nun in Kürze das offizielle Beitrittsgesuch einreichen.
Keine direkten Drohungen von Putin
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte den geplanten Nato-Beitritt Finnlands in einem Telefonat mit Niiinistö am Samstag als Fehler bezeichnet. Von Russland gehe keine Bedrohung für das Nachbarland aus, betonte Putin nach Kremlangaben bei dem Gespräch. Finnlands Abkehr von der traditionellen Neutralität werde zu einer Verschlechterung der bislang guten nachbarschaftlichen Beziehungen führen. Direkte Drohungen habe es bei dem Gespräch aber keine gegeben, betonte Niinistö.
Türkei könnte Veto einlegen
Finnland und Schweden sind heute bereits enge Partner der Nato, aber keine offiziellen Mitglieder. Blockiert werden könnte ihre Aufnahme in die Militärallianz theoretisch noch durch das Veto eines der Mitgliedstaaten, die einstimmig über Aufnahmen entscheiden müssen. Kritisch hatte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan geäussert, der Finnland und Schweden vorwarf, der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK sicheren Unterschlupf zu bieten.
Finnlands Präsident Niinistö zeigte sich am Sonntag verwundert über die Äusserungen Erdogans. Er habe erst kürzlich mit dem türkischen Staatschef telefoniert und der habe ihm die Unterstützung Ankaras bei einem Antrag auf Nato-Mitgliedschaft versichert. Er sei aber bereit zu einem weiteren Austausch mit Erdogan, um über die angesprochenen Probleme zu reden.
Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu bekräftigte in Berlin die Vorbehalte seines Landes, sagte aber auch, dass die Türkei immer für eine «Politik der offenen Tür» stehe. Haavisto sagte: «Ich bin mir sicher, dass wir für diese Sache eine Lösung finden werden.» (awp/mc/pg)