Mumbai – Aktien aus dem Firmenimperium des indischen Milliardärs Gautam Adani bleiben auch in der neuen Woche schwer unter Druck. Alle zehn Papiere der Gruppe gaben am Montag nach, die bekanntesten Aktien von Adani Enterprises fielen um bis zu knapp zehn Prozent. Seit der Leerverkäufer Hindenburg Research sich vor rund zwei Wochen kritisch zur Finanzlage des Konglomerats geäussert hat, haben die zehn Aktien in Summe rund 118 Milliarden US-Dollar eingebüsst. Das ist mehr als die Hälfte des ursprünglichen Börsenwertes. Adani streitet die Vorwürfe ab und droht mit rechtlichen Schritten.
Der fortgesetzte Kursrutsch verdeutlicht Sorgen der Investoren hinsichtlich des Zugangs Adanis zu Finanzierungsoptionen, nachdem Adani Enterprises in der vergangenen Woche den Verkauf neuer Aktien abgeblasen hatte. Am Wochenende stoppte Adani Enterprises laut Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg auch eine geplante Anleihe-Emission.
Gespräche mit Gläubigern
Adani befindet sich in Gesprächen mit Gläubigern, um einige durch verpfändete Aktien besicherte Kredite vorzeitig zurückzuzahlen, wie es vor dem Wochenende hiess. Einige Banken akzeptieren demnach die Wertpapiere der Gruppe, deren Geschäfte vom Betrieb von Häfen bis zur Energieerzeugung reichen, nicht mehr als Sicherheiten für Kundengeschäfte.
Bei einem Unternehmen mit so hohen Schulden wie Adani sie habe, gebe es natürlich unter Aspekten der Unternehmensführung immer Fragezeichen, sagte Finanzexpertin Catherine Yeung von der Fondsgesellschaft Fidelity International in einem Interview von Bloomberg TV am Montag.
Kritik an Premier Modi
Der Fall beschäftigt mittlerweile auch die indische Politik angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung von Adanis Gruppe für das Land, auch weil Sorgen über eine Ausbreitung der Krise etwa auf den Finanzsektor bestehen. Die Opposition kritisiert den indischen Premierminister Narendra Modi, weil er bisher zu dem Fall schweigt. Sie hat zudem für Montag landesweite Proteste geplant, um auf die Risiken für Kleinanleger aufmerksam zu machen.
In der neuen Woche richtet sich der Fokus nun auf die Unternehmen aus dem Adani-Reich, die Geschäftszahlen vorlegen werden – vor allem auf ihre Äusserungen zur Verschuldung, erklärte Marktstratege Charu Chanana vom Handelshaus Saxo Capital Markets.
Hindenburg setzt auf fallende Kurse
Hindenburg Research ist eine kleine, aber auf den Finanzmärkten bekannte Investmentfirma. Sie tritt als Leerverkäufer von Aktien auf – setzt also auf fallende Kurse. Hindenburg hat sich nach eigenem Bekunden zum Ziel gesetzt, bei Unternehmen Unregelmässigkeiten etwa in der Buchhaltung aufzuspüren und von den mutmasslichen Missständen zu profitieren.
Der Name Hindenburg leitet sich nach Firmenangaben vom Unglück des gleichnamigen Luftschiffes 1937 ab. «Wir suchen nach ähnlichen, von Menschen verursachten Katastrophen, die im Markt kursieren», heisst es auf der Webseite. Hindenburg wolle diese aufklären, bevor weitere «ahnungslose Opfer» angelockt würden. (awp/mc/pg