Frankreichs Regierung bereitet Boden für Arbeitsmarktreform
Paris – Die französische Regierung hat eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts auf den Weg gebracht. Präsident Emmanuel Macron will die Reform mit Verordnungen umsetzen – damit könnte das Parlament nicht bei jedem Detail mitentscheiden. Die Abgeordneten sollen der Regierung eine Art Vollmacht geben, die Änderungen in Eigenregie auszuarbeiten und zu erlassen. Das Kabinett beriet im Mittwoch in Paris den Entwurf eines dafür nötigen Rahmengesetzes.
Das Vorhaben ist ein zentrales Versprechen Macrons, der Frankreichs Wirtschaft neuen Schwung verschaffen will. Kritiker etwa aus dem Gewerkschaftslager befürchten, dass die Rechte von Arbeitnehmern geschwächt werden. Im vergangenen Jahr hatte eine Arbeitsmarktreform unter Macrons Vorgänger François Hollande heftige Proteste ausgelöst.
Neue Realitäten
Das französische Arbeitsrecht bremse die Entwicklung der Unternehmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen, sagte Regierungssprecher Christophe Castaner. Zudem würden Arbeitnehmer schlecht geschützt, das Recht entspreche nicht mehr den Realitäten des Wirtschaftslebens. Frankreich leidet seit Jahren unter einer hohen Arbeitslosigkeit.
Mehr Flexibilität
Der nun beratene Gesetzentwurf soll schon bald im Parlament beraten werden. Der Text legt lediglich die Themen der Reform fest, nicht aber die genauen Inhalte – diese werden dann erst mit den Verordnungen festgezurrt. Bekannt ist bereits, dass die Regierung grundsätzlich mehr Flexibilität will: Detailregeln sollen häufiger innerhalb eines Unternehmens zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ausgehandelt werden. Ausserdem sollen Entschädigungen bei ungerechtfertigten Kündigungen gedeckelt werden.
Schwierige Verhandlungen mit den Gewerkschaften
Die Regierung will sich im Laufe des Sommers weiter mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden abstimmen, bevor sie die Verordnungen beschliesst. Die Gewerkschaft CGT kritisierte diese Gespräche aber bereits als «doppeltes Spiel» und kündigte für den 12. September landesweite Proteste an. Der Chef der Gewerkschaft Force Ouvrière (FO), Jean-Caude Mailly, äusserte sich positiver und sah Bewegung. Es gebe aber «gemeinsame rote Linien» der Gewerkschaften.
Ziel der Regierung ist es, die Verordnungen schnell zu erlassen – laut Medienberichten bis zum 20. September. Zunächst muss allerdings das Parlament grünes Licht geben. Das Lager von Präsident Macron hatte bei der Parlamentswahl in diesem Monat eine klare absolute Mehrheit in der Nationalversammlung bekommen.
Arbeitsministerin Muriel Pénicaud, in deren Händen die wichtige Reform liegt, wehrte sich am Mittwoch gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit einer US-Reise Macrons in seiner Zeit als Wirtschaftsminister. Pénicaud leitete damals die Organisation Business France, die laut dem Enthüllungsblatt «Le Canard Enchaîné» einen Auftrag für einen Auftritt Macrons in Las Vegas ohne Ausschreibung vergeben haben soll. Es laufen schon länger Vorermittlungen wegen Günstlingswirtschaft. Pénicaud betonte im Sender RTL, dass sie damals selbst eine Überprüfung des Geschäfts ausgelöst habe. (awp/mc/pg)