Französische Justiz prüft Vorwürfe der Veruntreuung gegen Le Pen
Paris – Mitten im französischen Wahlkampf sorgen Vorwürfe der Veruntreuung gegen die rechte Präsidentschaftsanwärterin Marine Le Pen für Aufsehen. Ein Bericht der EU-Anti-Betrugsbehörde Olaf mit Vorwürfen gegen Le Pen sei am 11. März eingegangen und werde derzeit geprüft, erklärte die Pariser Staatsanwaltschaft am Sonntag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Das investigative Nachrichtenportal «Mediapart» hatte das Papier am Samstag in Teilen veröffentlicht. Darin wird Le Pen dem Bericht zufolge vorgeworfen, während ihrer Zeit als Europaabgeordnete zwischen 2004 und 2017 knapp 137 000 Euro an EU-Geldern veruntreut zu haben.
Anwalt weist Anschuldigungen zurück
Le Pens Anwalt Rodolphe Bosselut, den «Mediapart» in dem Bericht zitiert, weist die Anschuldigungen zurück. Die Präsidentschaftsanwärterin behalte sich juristische Schritte gegen ehemalige Assistenten oder Dienstleister vor, die möglicherweise ohne Le Pens Wissen Gelder veruntreut oder andere Verfehlungen begangen hätten. Die Olaf-Behörde ist aus Sicht von Bosselut nicht unabhängig. Zudem kritisierte der Anwalt den Zeitpunkt der Veröffentlichung kurz vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl am 24. April.
Weitere Namen aus Le Pens engstem Umfeld betroffen
Neben Le Pen sind laut «Mediapart» auch drei weitere ehemalige EU-Parlamentarier ihrer Partei – damals Front National, heute Rassemblement National – in dem Olaf-Bericht genannt: ihr Vater Jean-Marie, ihr Ex-Lebensgefährte Louis Aliot und der ehemalige Vize-Präsident der Partei, Bruno Gollnisch. Alle zusammen sollen gut 486 000 Euro nicht bestimmungsgemäss ausgegeben haben. So seien Gelder, die eigentlich nur ihm Rahmen der Tätigkeit als Europaabgeordnete verwendet werden dürfen, etwa für Zwecke der nationalen Politik ausgegeben worden, oder um Dienstleister zu unterstützen, die der Partei nahestünden.
Aliot, heute Bürgermeister von Perpignan, wies die Vorwürfe am Sonntag im Sender Franceinfo zurück. Olaf und Mediapart bewegten sich ausserhalb des Gesetzes, und er hoffe auf juristische Schritte, um herauszufinden, woher die Leaks kämen und wie die Untersuchung abgelaufen sei, sagte Aliot.
Die Anschuldigungen sind nicht die ersten dieser Art, die Le Pen und ihre Partei belasten. Schon seit Jahren stehen Scheinbeschäftigungsvorwürfe im Raum. Dabei geht es um die mögliche Beschäftigung von Assistenten von mehreren französischen Europaabgeordneten, die mit Geld des EU-Parlaments bezahlt worden seien, aber eigentlich für die Partei gearbeitet hätten. (awp/mc/pg)