Schwer beschädigtes AKW Fukushima im Nordosten Japans.
Tokio – Auch am 10. Tag nach dem verheerenden Erdbeben bleibt im japanischen Atomkraftwerk Fukushima die Lage weiter kritisch: In dem wegen seiner MOX-Brennelemente besonders gefährlichen Reaktorblock 3 war der Druck am Sonntag gestiegen. Inzwischen habe der Druck aber wieder nachgelassen und die Lage sei «stabil», teilte ein Sprecher der Reaktorsicherheitsbehörde im Fernsehsender NHK mit.
Es bestehe somit keine unmittelbare Notwendigkeit mehr, radioaktives Gas zur Druckentlastung ablassen. Auch die japanische Regierung sprach am Sonntag von Fortschritten im Kampf gegen einen Super-GAU am Reaktor 3.
Plutonium-Brennstäbe
Block 3 steht weiterhin unter dem Beschuss von Wasserwerfern. «Das ist eine sehr gefährliche und schwierige Aufgabe», sagte einer der beteiligten Feuerwehrmänner dem Sender NHK. «Überall liegen Trümmer herum. Den Mitgliedern des Teams ist die Gefahr der Verstrahlung sehr bewusst.» Die in Block 3 verwendeten Brennelemente sind gefährlich, weil es sich dabei um Plutonium-Uran-Mischoxide (MOX) handelt. Auch Block 4 wurde erneut mit Wasser bespritzt. Eingesetzt wurden zehn Wasserwerfer der japanischen Streitkräfte und ein Fahrzeug der US-Streitkräfte. Dort ist es ebenfalls das Ziel, den Wasserstand des Abklingbeckens mit abgebrannten Kernbrennstäben zu erhöhen. Der Reaktor 4 war wegen Wartungsarbeiten schon vor dem Erdbeben abgeschaltet worden. Gemäss dem Kraftwerksbetreiber Tepco wird es noch mehrere Tage dauern, bis die Reaktoren 3 und 4 wieder mit Strom versorgt werden können.
Reaktoren 5 und 6 stabil
Nach dem Einsatz von Wasserwerfern ging die Strahlung am Rand der Anlage um rund 25 Prozent auf 2625 Mikrosievert pro Stunde zurück, wie der Rundfunksender NHK am Sonntagmittag (Ortszeit) berichtete. Unterdessen wurde das Kühlsystem im Reaktor 6 wieder in Gang gesetzt, nachdem dort die Stromversorgung wiederhergestellt worden war. Anschliessend sei die Temperatur in einem überhitzen Kühlbecken deutlich gesunken, wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf den Kraftwerksbetreiber berichtete. Mittlerweile konnte die Kühlwassertemperatur auch bei Reaktor 5 unter die kritische Grenze von 100 Grad gesenkt werden, sodass von den Reaktoren 5 und 6 vorerst keine Gefahr mehr ausgeht.
Reaktor 2 hat wieder Strom
Auch der Block 2 des Reaktors von Fukushima hat wieder Strom. Das berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo am Sonntag mit Verweis auf das Betreiberunternehmen Tepco. Das soll helfen, um die Beleuchtung und die Kühlung der dortigen Abklingbecken in Gang zu setzen. Ob die Wasserpumpen allerdings funktionieren, ist noch unklar. In Reaktor 2 gab es zuvor schwere Explosionen und Brände. Die innere Hülle des Reaktors ist beschädigt und Radioaktivität ausgetreten. Die Nachrichtenagentur Kyodo meldete am Sonntagmittag (MEZ), Rettungskräfte hätten unterdessen Meerwasser in das Abklingbecken des Reaktorblocks 2 pumpen können. Auch die Stromversorgung für die zentralen Kontrollräume des Reaktorblocks 1 sollte noch am Sonntag wieder hergestellt werden.
Jod im Leitungswasser
Die von Fukushima ausgehende Strahlung belastet zunehmend Trinkwasser und Lebensmittel. In der Präfektur Fukushima wie in den angrenzenden Verwaltungsregionen wurde eine geringe Belastung des Trinkwassers mit radioaktivem Jod festgestellt. Die Werte liegen zwischen 0,27 und 77 Becquerel pro Kilogramm bei einem Grenzwert von 300 Becquerel. Eine Messung des Leitungswassers in Tokio ergab eine Jod-Belastung von 1,5 Becquerel. Die Verstrahlung mit Cäsium erreichte Werte von 0,22 bis 1,6 Becquerel pro Kilogramm bei einem zulässigen Grenzwert von 200 Becquerel. Das Gesundheitsministerium erklärte, im Moment gehe von dem Leitungswasser keine Gefahr für die menschliche Gesundheit aus. Die Zahl der Toten und Verletzten nach Erdbeben und Tsunami vom 11. März nähert sich inzwischen der Marke von 20’000. Bis Samstagabend registrierte die Polizei 7653 Tote und 11.746 Vermisste. Nach einer Kyodo-Meldung werden allein in der Präfektur Miyagi 15’000 Tote befürchtet – die Agentur berief sich dabei auf einen örtlichen Polizeichef.
Schweizer Rettungsteam zurück
Bergungsspezialisten des deutschen Technischen Hilfswerks (THW) kehrten unterdessen aus Japan in die Heimat zurück. Die 41 Frauen und Männer landeten am Samstagabend mit einer Sondermaschine auf dem Flughafen Frankfurt und wurden in einer Wache der Flughafen-Feuerwehr in Empfang genommen. Mit an Bord waren 20 weitere Personen aus sechs Ländern, darunter fünf Deutsche. Sie wurden in Frankfurt von Seelsorgern betreut. Vor der Landung in Frankfurt waren in Zürich 21 Schweizer Retter abgesetzt worden. Auch Rettungshunde waren an Bord. Messungen vor der Abreise wie nach der Landung hätten keine radioaktive Belastung der Helfer ergeben, sagte der Nuklearexperte des THW-Teams, Mario König. Die Gruppe habe sich dem Unglücksreaktor nicht mehr als 80 Kilometer genähert. (awp/mc/upd/ps)
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