Martin Winterkorn, VW-Konzernchef und Vorstandsvorsitzender Porsche Automobil Holding SE.
Wolfsburg – Herber Rückschlag für die Fusionspläne von Volkswagen und Porsche: Die bereits eng miteinander verbandelten Autobauer werden nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen dieses Jahr zusammengehen. Das teilten die Volkswagen AG und der Dachkonzern Porsche Automobil Holding SE am Donnerstagabend mit. Damit sei das geplante Zusammengehen jedoch nicht endgültig geplatzt. Beide Seiten halten an ihren generellen Plänen für einen «integrierten Automobilkonzern» fest. Wann und wie dieses Ziel nun erreicht werden könne, steht jedoch in den Sternen. Für die Porsche SE bedeuten die verschobenen Pläne rote Zahlen in der Bilanz.
Ziel war bisher gewesen, dass die Fusion noch 2011 unter Dach und Fach gebracht wird. Die dafür bevorzugte Variante – der beide Seiten nun eine Absage erteilten – war gewesen, dass die Porsche SE und die VW AG miteinander verschmolzen werden. Die SE bündelt unter ihrem Dach die Mehrheit am Porsche-Sportwagengeschäft (Porsche AG) und auch eine Beteiligung von gut 50 Prozent an der Volkswagen AG.
Weitere Möglichkeiten werden geprüft
Plan B für die Fusion ist, dass die Wolfsburger sich die Porsche AG komplett in ihren Konzern holen. Bisher hält Europas grösster Autobauer knapp die Hälfte an ihr. Nun sollen auch weitere Möglichkeiten geprüft werden. Details dazu teilten die Unternehmen nicht mit.
Altlasten
Hintergrund des komplizierten Zusammengehens sind die Altlasten des früheren Übernahmekampfes der beiden heutigen Partner. Die Schwaben hatten sich beim Versuch, VW zu übernehmen, mächtig verhoben – am Ende hatte die Porsche SE 11,4 Milliarden Euro Schulden. Eine Folge sind bis heute anhängige Schadensersatzklagen von Anlegern in den USA. Zudem laufen hierzulande derzeit noch Ermittlungen gegen Teile die frühere Porsche-Chefetage, der die Staatsanwaltschaft Untreue vorwirft. Dieses Verfahren ziehe sich nun deutlich länger hin als zunächst angenommen, was auch einen Ausschlag für den Aufschub gegeben habe. Neben diesen juristischen Risiken gibt es auch etliche steuerliche Hürden.
VW will keine unnötigen Lasten
Die Volkswagen AG schrieb: «Aufgrund der noch immer bestehenden rechtlichen Hürden ist eine Quantifizierung der wirtschaftlichen Risiken im Rahmen einer Verschmelzung (…) aus Sicht von Volkswagen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich.» Und der Partner Porsche teilte mit: «Die Unternehmen können sich derzeit nicht darüber verständigen, wie diejenigen Risiken für Zwecke der Verschmelzung zu bewerten sind.» VW will sich keine unnötigen Lasten ins Haus holen, die sich später womöglich in den Büchern wiederfinden.
Porsche: Verlust in ersten drei Quartalen 2011
Die verschobenen Pläne haben auch einen grossen Effekt auf die Bilanzen der Konzerne: Im Zuge des Plans B räumten sich beide Seiten Kaufoptionen ein: VW könnte Ende 2012 den Rest der Porsche AG übernehmen. Vereinbarungen dieser Art müssen in den Bilanzen bewertet werden. Für Porsche heisst der Aufschub nun: In den Büchern müssen die VW-Kaufrechte im Wert nach unten korrigiert werden – auf der Gegenseite bei VW ist es das positive Gegenteil. Die Stuttgarter teilten daher am Donnerstag auch mit, dass «ein negatives Konzernergebnis für die ersten drei Quartale des Geschäftsjahres 2011» die Folge sei. (awp/mc/ps)