Künftig auch in Deutschland: Fracking-Gasförderung in den USA.
Berlin – Die unkonventionelle Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten soll in Deutschland nicht grundsätzlich verboten, aber auf ein Minimum begrenzt werden. «Wir legen die strengsten Regelungen im Bereich Fracking vor, die es jemals gab», betonte die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Nach wochenlangen Verhandlungen liegt ein Gesetzentwurf vor, der nun zwischen den Ressorts abgestimmt wird. «Oberste Priorität haben dabei der Schutz von Umwelt und Trinkwasser», sagte Hendricks. Bisher gibt es keine zufriedenstellende gesetzliche Beschränkung für die Fördertechnik, weshalb die grosse Koalition das nun regeln will.
Allerdings werden erste Eckpunkte von ihr und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) etwas aufgeweicht. Zunächst sollte Fracking in Schiefer- und Kohleflözgestein bis 2021 zu kommerziellen Zwecken komplett verboten und nur Forschungsprojekte erlaubt werden. Nun können Konzerne ab 2019 auf die kommerzielle Ausbeutung von Vorkommen hoffen – aber nur in bestimmten Gebieten und nach einem ziemlichen Hürdenlauf. Für Trinkwasser- und Naturschutzgebiete wird das Verfahren verboten, auch in anderen Gebieten sollen Fracking-Vorhaben in Schiefer- und Kohleflözgestein oberhalb von 3000 Metern untersagt werden. Die Vorkommen liegen meist höher, bei 1000 bis 2000 Metern.
Aber Unternehmen können Probebohrungen zur Erforschung beantragen. Darüber müssen dann die Landesbehörden entscheiden. Gibt es grünes Licht, gilt hierfür die 3000-Meter-Grenze nicht mehr. Wollen die Unternehmen in dem betreffenden Gebiet anschliessend Gasvorkommen kommerziell fördern, kommt eine sechsköpfige Expertenkommission ins Spiel, darunter ein Vertreter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und des Umweltbundesamtes (UBA). Hat sie mehrheitlich keine Bedenken, kann die Landesbehörde die Förderung genehmigen, sie muss es aber nicht. Es gebe keinen Automatismus, wird betont.
Kein kommerzielles Fracking vor Ende 2018
Zudem muss eine Kommission beim Umweltbundesamt bestätigen, dass die für das Fracking verwendete Flüssigkeit keine Gefahr für das Wasser darstellt. Vor Ende 2018 soll kein kommerzielles Fracking stattfinden, bei dem das Gestein mit hohem Druck aufgebrochen wird, damit das Gas entweichen kann.
Eine Befassung des Bundeskabinetts noch in diesem Jahr ist laut Regierungskreisen unwahrscheinlich, die verschiedenen Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes sowie von bergrechtlichen Vorschriften seien aber nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Generell erlaubt bleiben soll die seit den 1960er Jahren vor allem in Norddeutschland praktizierte konventionelle Gasförderung aus tiefen Hohlräumen, in denen sich Gas befindet (Tight Gas). Allerdings soll es auch hier strenge Auflagen und Umweltverträglichkeitsprüfungen geben.
Die Grünen reagierten kritisch. «Entgegen aller Behauptungen ebnet Hendricks mit diesem Entwurf den Weg für kommerzielles Fracking», sagte die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Julia Verlinden. «Das ursprünglich angekündigte Fracking-Verbot ist damit endgültig vom Tisch, stattdessen kommt ein Fracking-Erlaubsnisgesetz» – die Bundesregierung beuge sich dem Druck der Erdgasindustrie.
Aufwendiges Verfahren
Bei dem «Hydraulic Fracturing» wird Gestein mit hohem hydraulischen Druck aufgebrochen. Dank moderner Bohrtechniken, bei denen erst nach unten und dann im Untergrund quer gebohrt wird, lohnt sich dieses aufwendige Verfahren. In Deutschland gibt es grössere Vorkommen dieser unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten. Um dieses Gas fördern zu können, wird in der Regel ein flüssiges Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in den Boden gepresst. Dadurch entstehen Risse im Gestein, durch die das Gas entweichen und über Bohrrohre an die Oberfläche gelangen kann.
Umweltschützer fürchten eine Verunreinigung des Trinkwassers. Bis hin zu Bierbrauern und Mineralwasserherstellen reicht in Deutschland die Protestfront. In den USA hat das Fracking zu einem Sinken der Energiepreise beigetragen, zudem betonen Unternehmen, dass man damit unabhängiger werden könnte von Erdgaslieferungen aus Russland. (awp/mc/ps)