Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras. (Foto: primeminister.gov.gr/Flickr)
Brüssel – In der dramatischen griechischen Schuldenkrise scheint eine Einigung Athens mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in weite Ferne gerückt. Es gebe noch «bedeutende Differenzen», sagte IWF-Sprecher Gerry Rice am Donnerstag. Das IWF-Team habe die Verhandlungen in Brüssel verlassen und sei zurück nach Washington gereist. Einen Zeitplan für weitere Gespräche gebe es nicht.
Zugleich bleibe der IWF der Krise aber verpflichtet: «Der IWF verlässt den Verhandlungstisch nie.» In ungewöhnlich scharfen Tönen kritisierte Rice den Mangel an Kompromissbereitschaft des kurz vor der Staatspleite stehenden Landes. Es habe zuletzt keinerlei Fortschritte gegeben, um Differenzen beizulegen. «Der Ball liegt nun weit im Feld der Griechen», sagte Rice. Grosse Hürden gebe es weiterhin bei Renten, Steuern und der Schuldenfinanzierung. «Es hat hier zuletzt keine Annäherung gegeben», sagte er.
Die IWF-Chefin Christine Lagarde werde wie geplant am Treffen der Finanzminister der Eurozone am 18. Juni in Luxemburg teilnehmen, sagte Rice.
Warnung an griechische Regierung
EU-Gipfelchef Donald Tusk warnte die Athener Regierung vor weiteren Verzögerungen. Ende Juni droht Griechenland die Staatspleite. «Es gibt keinen Raum zum Spielen mehr, es gibt keine Zeit zum Spielen mehr», sagte Tusk am Donnerstag in Brüssel zum Abschluss des EU-Lateinamerika-Gipfels.
Er forderte die griechische Regierung des Links-Premiers Alexis Tsipras auf, «ein bisschen realistischer zu sein». Beim Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag nächster Woche müsse es im Ringen um weitere Finanzhilfen Beschlüsse geben. «Wir brauchen Entscheidungen, keine Verhandlungen», sagte Tusk.
Juncker: «Kuh muss vom Eis, aber sie rutscht dauernd aus»
Die drei Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) verhandeln derzeit mit Athen über ein verbindliches Reformprogramm. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Griechenland bislang blockierte Hilfsgelder in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erhalten kann, um es vor der Pleite zu retten. Seit 2010 hat das Land insgesamt bereits 240 Milliarden Euro internationaler Hilfen bekommen.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unterstrich: «Die Kuh muss vom Eis, aber sie rutscht dauernd aus. Wir versuchen sie heute wieder anzuschieben.» Beide Politiker hatten mit Tsipras gesprochen.
Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat die Kreditbewertung Griechenlands derweil weiter herabgesetzt. Die Bonitätsnote sinke von «CCC+» auf «CCC», teilten die Kreditwächter mit. Damit rutscht das pleitebedrohte Euroland noch tiefer in den sogenannten Ramschbereich ab. (awp/mc/pg)