Generalstreik gegen Sparpläne legt Portugal lahm

Generalstreik gegen Sparpläne legt Portugal lahm

Lissabon – Geisterflughäfen, schimpfende Touristen, Müll auf den Strassen, geschlossene U-Bahnstationen und Schulen. Ein eintägiger Generalstreik gegen die Sparpläne der Regierung hat das hoch verschuldete Euro-Land Portugal am Donnerstag in weiten Teilen lahmgelegt. Auch in der Volkswagen-Fabrik Autoeuropa, dem zweitgrössten Exporteur Portugals, standen die Bänder still. In Lissabon und Porto gab es ein Verkehrschaos.

Damit nicht genug: Die Ratingagentur Fitch senkte die Kreditwürdigkeit Portugals auf Ramsch-Niveau – ein weiterer Rückschlag für die neoliberal-konservative Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. Die Instabilität der internationalen Märkte sei schuld, beteuerte die Regierung. Die grösste Oppositionskraft, die Sozialistische Partei (PS), bezeichnete die Abwertung als «neuen Schlag in den Magen der Portugiesen».

Friedlicher Protestmarsch durch Lissabon
«Die Streikbeteiligung ist diesmal höher als 2010, und der Streik damals war schon ein Erfolg», sagte CGTP-Präsident Manuel Carvalho da Silva. Nach 1988 und 2010 war dies erst der dritte gemeinsame Streikaufruf der beiden wichtigsten Gewerkschaftsdachverbände – des CGTP und des UGT. Am Nachmittag nahmen Tausende an einem friedlichen Protestmarsch durch das Zentrum der Hauptstadt Lissabon teil. Landesweit waren rund drei Dutzend Kundgebungen geplant. Der Ausstand traf auch zahlreiche Urlauber aus Deutschland und anderen Ländern. «Das ist verrückt», schimpfte ein niederländischer Tourist im Fernsehen. Nach Angaben der Luftfahrtbehörden wurden nur die Atlantikinseln Azoren und Madeira angeflogen. Der öffentliche Verkehr sei stark beeinträchtigt, die Müllabfuhr und die Postverteilung völlig zum Erliegen gekommen, berichteten Medien. In den Krankenhäusern würden nur Notfälle aufgenommen.

Massives Sparprogramm
Der Generalstreik fand sechs Tage vor der geplanten Verabschiedung des umstrittenen Sparhaushalts 2012 statt. Nächstes Jahr sollen unter anderem die Ausgaben für Gesundheit und Bildung um zehn Prozent gesenkt werden. Den Bediensteten und Rentnern des Staates, die mehr als 1000 Euro beziehen, soll das 13. und 14. Gehalt gestrichen werden. Als Gegenleistung für das 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) muss Portugal in diesem Jahr das Haushaltsdefizit von 9,8 Prozent (2010) auf 5,9 Prozent senken. Das Ziel für 2012 beträgt 4,5 Prozent. Infolge dieser Bemühungen wird die Wirtschaft des Landes nach jüngster Schätzung der Regierung dieses Jahr um 1,6 und 2012 um 3,0 Prozent schrumpfen. (awp/mc/ps)

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