Gipfelfest für Russland, 50 Milliarden für die Ukraine

Brics

Russlands Präsident Putin begrüsst in Kasan den indischen Präsidenten Modi. (Foto: Brics 2024)

Kasan/Kiew/Washington – Während Russlands Präsident Wladimir Putin pompös das Brics-Gipfeltreffen aufstrebender Industrienationen in seinem Land zelebriert, wollen die G7-Demokratien einen Milliardenkredit für die angegriffene Ukraine auf den Weg bringen. Der gemeinsam mit der EU ermöglichte Kredit von 50 Milliarden US-Dollar (46 Mrd. Euro) soll durch Zinsen auf eingefrorenes russisches Staatsvermögen abgesichert werden. Die USA wollten sich mit 20 Milliarden Dollar beteiligen, sagte US-Finanzministerin Janet Yellen in Washington. Damit ist ein Durchbruch für die Riesen-Finanzhilfe absehbar.

Der deutsche Finanzminister Christian Lindner begrüsste die Entscheidung der USA: «Das macht den Weg frei auch für die Unterstützung der Europäischen Union in einer Grössenordnung von 18 Milliarden Euro» – umgerechnet also ebenfalls rund 20 Milliarden Dollar. Weitere 10 Milliarden Dollar sollen von Grossbritannien, Japan und Kanada gestemmt werden.

Bei dem unter strengen Sicherheitsvorkehrungen veranstalteten Brics-Gipfel in der 700 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Millionenstadt Kasan stehen am Mittwoch Plenarsitzungen auf dem Programm. Gastgeber Putin nutzt das Treffen, um zu demonstrieren, dass er auch zweieinhalb Jahre nach Beginn des von ihm befohlenen Angriffskrieges gegen die Ukraine international nicht isoliert ist.

Die Abkürzung Brics steht für die Anfangsbuchstaben der ersten fünf Mitglieder der Staatengruppe: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Putin widmete den ersten Gipfeltag am Dienstag bilateralen Gesprächen mit den Staats- und Regierungschefs dieses engeren Kreises. Dabei war nach Angaben des Kreml immer wieder auch die Ukraine Thema.

Kreml: Brics-Gipfel zu Ukraine einig
Die Brics-Gruppe war zuletzt um den Iran, Ägypten, Äthiopien und die Vereinigten Arabischen Emirate gewachsen. Bei 13 weiteren interessierten Staaten werde über eine Mitgliedschaft gesprochen, sagte Putins aussenpolitischer Berater Juri Uschakow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Putin möchte die Staatengruppe zu einem Gegengewicht gegen die US-geführte Weltordnung machen. Allerdings folgen nicht alle Mitglieder diesem anti-westlichen Kurs Moskaus.

Als Ergebnis des Gipfeltreffens in Kasan wird eine politische Erklärung erwartet. Zur Ukraine sei eine Formulierung gefunden worden, die von allen Teilnehmer akzeptiert werde, sagte Uschakow. Einzelheiten nannte er nicht.

Um die Ukraine ging es dem Kreml zufolge auch bei Putins Treffen mit seinem wichtigsten Gast, dem chinesischen Staatschef Xi Jinping. Chinas Rückendeckung ist für Putins weitere Kriegsführung wichtig. Zudem ist Peking wie Moskau daran interessiert, die Dominanz des Westens zu brechen, und sieht die Brics als mögliches Mittel dazu.

Der indische Ministerpräsident Narendra Modi bot Putin erneut Vermittlung im Ukrainekonflikt an. «Wir unterstützen vollständig die schnellstmögliche Wiederherstellung von Frieden und Stabilität», sagte Modi. Indien hat sich bislang nicht als Vermittler hervorgetan – anders als die Vereinigten Arabischen Emirate, die mehrere Gefangenenaustausche vermittelt haben.

Russland soll indirekt für Kredit zahlen
Den Grosskredit von 50 Milliarden US-Dollar für die Ukraine hatten die Siebenergruppe grosser demokratischer Industriemächte (USA, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Japan und Kanada) und die EU im Juni beschlossen. Das Besondere daran: Er wird durch Zinserträge aus eingefrorenem russischen Zentralbankvermögen abgesichert.

US-Finanzministerin Yellen betonte, dass diese Ukraine-Unterstützung nicht vom amerikanischen Steuerzahler finanziert werde. «Was hier geschieht, ist, dass Russland für diese Unterstützung zahlt», erklärte sie. Die Ukraine soll selbst darüber bestimmen können, wie sie das Geld nutzt – etwa für Waffenkäufe, Wiederaufbau und den Staatshaushalt.

Es wird erwartet, dass bis Ende der Woche am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington eine Einigung der Beteiligten steht. Putin hat das Vorhaben scharf kritisiert und als Raub bezeichnet. Die Entscheidung der G7 werde «nicht ungestraft bleiben», drohte er.

Nato: Soldaten aus Nordkorea wären bedeutende Eskalation
International wächst unterdessen die Besorgnis, dass Russland Tausende Soldaten aus Nordkorea in den Krieg gegen die Ukraine schicken könnte. Vertreter Südkoreas werden Anfang nächster Woche zur Nato nach Brüssel kommen, um über Erkenntnisse zu Nordkoreas Unterstützung für Moskau zu informieren. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte mehr internationalen Druck auf die kommunistische Führung in Pjöngjang.

«Wenn Nordkorea sich in den Krieg in Europa einmischen kann, dann reicht der Druck auf dieses Regime definitiv nicht aus», sagte Selenskyj in Kiew. Einer solchen Ausweitung des Krieges müsse Einhalt geboten werden. «Wir haben insbesondere Informationen über die Ausbildung von zwei Einheiten des nordkoreanischen Militärs – vielleicht sogar zwei Brigaden mit jeweils 6.000 Mann», sagte er.

Russland und der abgeschottete kommunistische Staat haben einander militärischen Beistand zugesagt. Nordkorea hat bereits Munition und Raketen geliefert. Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol teilte vergangene Woche mit, dass nach Erkenntnissen seines Landes schon 1500 nordkoreanische Soldaten nach Russland geschickt worden seien. Insgesamt soll Nordkorea beschlossen haben, rund 12.000 Soldaten zu schicken, auch Spezialeinheiten.

Bei der Unterrichtung der Nato durch Südkorea werde es vor allem darum gehen, ob Nordkorea Truppen in den Ukraine-Krieg schickt, sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte bei einem Besuch in Estland. Dies würde eine bedeutende Eskalation darstellen. Derzeit könne er eine aktive Beteiligung nordkoreanischer Soldaten an den Kämpfen nicht bestätigen.

Moskau hat sich ausweichend zu den Berichten geäussert. Die russische Armee rückt in der Ostukraine zwar schrittweise vor, erleidet aber hohe Verluste. Der Kreml möchte eine Mobilmachung russischer Männer aus Angst vor Unmut in der Bevölkerung vermeiden. (awp/mc/pg)

Exit mobile version