Fiat- und Chrysler-CEO Sergio Marchionne.
Auburn Hills – Zum ersten Mal seit 1997 hat Chrysler im vergangenen Jahr wieder Geld verdient. Das sorgte besonders im fernen Italien für strahlende Gesichter. Fiat hält mittlerweile die Mehrheit an Chrysler. Und der einstige Sorgenfall unter Amerikas Autobauern entpuppt sich für die Italiener immer mehr als Glücksgriff. Unter der Regie von Fiat konnte Chrysler einen Gewinn von unterm Strich 183 Millionen Dollar einfahren. Besonders das letzte Jahresviertel lief blendend. 2010 hatte das Minus noch bei 652 Millionen Dollar gelegen. 2009 war der Konzern sogar pleite und konnte nur mit milliardenschwerer Hilfe des Staates überleben.
Doch Ausnahmemanager Sergio Marchionne riss das Steuer herum. Der Fiat-Chef stieg bei Chrysler ein, senkte die Kosten und brachte die angestaubte Modellpalette mit italienischer Technik auf Vordermann. Nun boomen die Autoverkäufe. «Das Haus ist in schönster Ordnung», verkündete Doppelchef Marchionne am Mittwoch. «Wir sind stolz auf die Arbeit, die wir geleistet haben.» Die Erfolge lassen sich auch in der Fiat-Bilanz ablesen, in die Chrysler seit Juni einfliesst: Der Gewinn schoss von unterm Strich 222 Millionen auf annähernd 1,7 Milliarden Euro hoch.
Fiats Italien-Geschäft läuft mau
Während aber das Geschäft der italienischen Marken Fiat, Alfa Romeo und Lancia stagnierte, konnte Chrysler seinen Umsatz im Gesamtjahr um 31 Prozent auf 55,0 Milliarden Dollar hochschrauben und damit dem ganzen Konzern Auftrieb geben. Im laufenden Jahr strebt Marchionne für Chrysler einen weiteren Sprung auf einen Umsatz von 65 Milliarden Dollar an und einen Gewinn von unterm Strich 1,5 Milliarden Dollar. Fiat rechnet dagegen in seinem Heimarktmarkt Europa mit weiteren Problemen und mit einem Rückgang des gesamten Konzerngewinns auf 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro. Die Italiener leiden unter der Verunsicherung der Käufer in vielen südeuropäischen Ländern angesichts der Schuldenkrise. Vor allem das Geschäft in Italien selbst läuft mau.
Kaufwillige US-Kunden
Dagegen zeigen sich die US-Kunden weiter kaufwillig. Alleine im Januar sprang der Chrysler-Absatz in der Heimat um 44 Prozent hoch – das ist der beste Monat seit drei Jahren. In den Vereinigten Staaten setzt Chrysler die Masse seiner Fahrzeuge ab. Zu den Marken gehören Dodge, Jeep und Ram. Bei Chrysler war die Zahl der ausgelieferten Fahrzeuge im vergangenen Jahr von 1,6 auf 2,0 Millionen gestiegen. Fiats Massenmarken hingegen büssten leicht auf 2,0 Millionen Stück ein. Einziger Lichtblick war der wichtige brasilianische Markt mit einem kleinen Plus.
Lage bei Chrysler deutlich entspannt
Dank der boomenden Verkäufe hat sich die Lage bei Chrysler deutlich entspannt: Die Schulden sind geschrumpft, das Geld strömt nur so in die Kassen. Der Marktanteil in den USA legte nach Firmenangaben im vergangenen Jahr von 9,2 auf 10,5 Prozent zu. Chrysler galt lange als Sorgenkind unter den US-Autokonzernen. Die Rivalen General Motors und Ford schrieben nach der grossen Krise des Jahres 2009 wesentlich schneller wieder Gewinne und das in Milliardenhöhe. Dagegen war Chrysler auf die Hilfe des italienischen Konkurrenten Fiat angewiesen, der mittlerweile 58,5 Prozent hält. Chef beider Unternehmen ist seit Beginn der Allianz Marchionne. Auf mittlere Sicht strebt er eine komplette Verschmelzung an. (awp/mc/ps)