Am Morgen noch in Minsk, am Nachmittag in Brüssel: Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: bundeskanzlerin.de)
Brüssel – Nach grossem Krach haben sich Griechenland und die Europartner beim EU-Gipfel wieder angenähert. Der neue griechische Premier Alexis Tsipras und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem berieten über Schritte, um den schweren Schuldenstreit zu entschärfen. Sie vereinbarten Expertengespräche schon von diesem Freitag an. In der Ukraine-Krise verständigten sich die Staats- und Regierungschefs darauf, auch nach der Minsker Vereinbarung über eine Waffenruhe in der Ostukraine an ihren Strafen gegen Russland festzuhalten.
Für ein verändertes griechisches Rettungspaket sei noch viel tun, gab EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach Abschluss des eintägigen Spitzentreffens am Donnerstag zu bedenken. «Ich bleibe beunruhigt.»
Die Euro-Finanzminister werden an diesem Montag wieder verhandeln. Die Zeit drängt, denn das Rettungsprogramm läuft Ende des Monats aus.
Die Regierung von Tsipras will etwa 30 Prozent des Rettungsplans streichen, weil sie Sparmassnahmen als unsozial ablehnt. Vor dem Gipfel waren Krisenberatungen der Euro-Minister mit einem Eklat zu Ende gegangen – denn der griechische Ressortchef Gianis Varoufakis zog seine Zustimmung für eine Erklärung wieder zurück.
Merkel fordert rasche Entscheidung über Hilfsprogramm
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte eine rasche Entscheidung über das Hilfsprogramm. «Wenn es verlängert werden soll, wünsche ich mir, dass möglichst bald auch die Anträge auf die Verlängerung erfolgen.»
Juncker sagte, falls Massnahmen des bisherigen Spar- und Reformprogramms wegfallen sollten, müsse es dafür andere geben. «Auf dieser Basis werden wir versuchen, in den kommenden Tagen eine Einigung zu finden.»
Tsipras kündigte an, seine Regierung werde Reformen vorschlagen, die auch die Staatseinnahmen erhöhten. So will die Regierung Korruption und die Steuerflucht besser bekämpfen. «Die Medizin, die Griechenland mit der Budgetsanierung eingenommen hat, hat das Land verwüstet.»
Sanktionen gegen Moskau
Die von der EU bereits beschlossenen Sanktionen gegen Moskau werden an diesem Montag wie geplant in Kraft treten. Die EU hält sich auch notfalls neue Strafmassnahmen offen.
Bei den bereits beschlossenen Strafen gegen Russland geht es um Einreiseverbote und Vermögenssperren. Die Strafen seien wegen der Angriffe der ostukrainischen Separatisten auf die Stadt Mariupol verhängt worden und deshalb weiter angemessen, sagte Merkel.
Zudem habe der Gipfel die EU-Kommission aufgefordert, weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland vorzubereiten, falls diese notwendig werden sollten. «Wir halten uns alle Reaktionsmöglichkeiten offen», betonte die Kanzlerin, die direkt von den nächtlichen Verhandlungen mit den Präsidenten Russlands und der Ukraine nach Brüssel gekommen war.
Der Gipfel begrüsste die deutsch-französische Friedensinitiative für die Ukraine. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte zu möglichen weiteren Sanktionen: «Wir sind bereit zu handeln, auch mit neuen Massnahmen, wenn das nötig ist.» Er betonte: «Wir sind sehr vorsichtig, nach unserer schlechten Erfahrung mit der ersten Minsker Vereinbarung. Unser Vertrauen in den guten Willen von Präsident (Wladimir) Putin ist begrenzt.» (awp/mc/upd/ps)