Hilfsmilliarden fliessen an Griechenland
Brüssel – Nach monatelanger Hängepartie erhält Griechenland dringend benötigte Notkredite von den internationalen Geldgebern. Die Euro-Finanzminister gaben am Donnerstag 49,1 Milliarden Euro Hilfen aus dem Rettungsfonds EFSF frei. Die Minister seien davon überzeugt, dass das Land wieder auf einem guten Weg sei, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Donnerstag nach einem Treffen der Kassenhüter in Brüssel. Das erste Geld soll schon nächste Woche nach Griechenland fliessen.
Die Kredite sollen Athen vor der Staatspleite retten. In Griechenland war die Erleichterung gross. Finanzminister Ioannis Stournaras sprach von einem «grossen Tag für Griechenland». Auch die Geldgeber hoffen, dass das Euro-Sorgenkind nun wieder in ruhiges Fahrwasser kommt. Juncker sagte nach dem Beschluss zu Griechenland und der Grundsatzeinigung auf eine europäische Bankenaufsicht, es sei eine «gute Zeit für Europa». Allerdings sei die Krise noch nicht vorbei.
Das Geld stammt aus dem laufenden Hilfsprogramm. Die Geldgeber – Euro-Länder und Internationaler Währungsfonds (IWF) – hatten die Überweisung der Kredite davon abhängig gemacht, dass Athen sein Programm zum Rückkauf griechischer Staatsanleihen erfolgreich abschliesst.
Schuldenlast um 20 Mrd Euro abgetragen
Erst vor wenigen Tagen hatte Griechenland mit dem Abschluss dieser Aktion den Weg für die Hilfsmilliarden freigemacht. Mit dem Rückkauf von alten Staatsanleihen über 31,9 Milliarden Euro reduzierte Athen seine Schuldenlast auf einen Schlag um rund 20 Milliarden Euro. Viele Anleger wollten ihre Papiere, deren Wert in den vergangenen Jahren rasant gesunken war, zu akzeptablen Preisen von 30 bis 40 Prozent des Nennwertes zurückgeben.
5,4 Mrd Euro werden vorgezogen
Die Euro-Länder mussten allerdings nachbessern. Die Hilfssumme liegt etwas höher als die ursprünglich vorgesehenen knapp 44 Milliarden Euro. Grund dafür ist, dass Athen bei seinem Schuldenrückkauf den Investoren mehr Geld bieten musste und diese Lücke zu schliessen ist. «Es ist gut gegangen im Wesentlichen, auch wenn wir kleine Abweichungen von den erwarteten Zahlen haben», sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Deshalb werden demnach 5,4 Milliarden Euro zur Finanzierung des Schuldenrückkaufs vorgezogen. Dabei gehe es aber nicht um eine Aufstockung, sondern diese Differenz werde «in der Laufzeit des Programms von 2014 wieder abgezogen», so Schäuble. Zu der Summe der Euro-Länder kommen nach Angaben des griechischen Finanzministeriums noch etwa 3,5 Milliarden des IWF.
Weg frei, damit das Vertrauen der Märkte zurückkehrt
In den kommenden Tagen wird ein erster Betrag von 34,3 Milliarden Euro an Athen überwiesen. Davon sind nach Worten von Rettungsfonds-Chefs Klaus Regling 16 Milliarden für die Rekapitalisierung der Banken vorgesehen, 7 Milliarden Euro für Lücken im Haushalt und 11,3 Milliarden Euro für den Rückkauf der Staatsanleihen – statt 10,2 Milliarden Euro ursprünglich. Weitere 14,8 Milliarden Euro sollen bis Ende März 2013 fliessen. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte: «Die heutige Entscheidung macht den Weg frei, damit das Vertrauen der Märkte zurückkehrt.»
Die Minister pochten darauf, dass Athen die vereinbarten Auflagen einhalten muss. «Darunter ist die Implementierung der Steuerverwaltung der Wichtigste», sagte Schäuble.
Zinssenkungen und Zinsaufschub
Die Auszahlung hatte sich immer wieder verzögert. Die Finanzminister hatten Ende November eine neue Vereinbarung getroffen, zu der auch der Schuldenrückkauf zählte. Diese sieht auch Zinssenkungen und einen Zinsaufschub für die Hilfen aus den beiden Rettungspaketen vor. Zudem sollen die europäischen Notenbanken Kursgewinne, die sie mit dem Ankauf griechischer Staatsanleihen gemacht haben, wieder an Griechenland ausschütten.
In einer Erklärung teilte die Eurogruppe mit, die Massnahmen würden die Staatsschuld Griechenlands wieder auf ein nachhaltiges Niveau bringen. Der Schuldenstand solle 2020 auf 124 Prozent der Wirtschaftskraft sinken. Dieses Niveau wird allgemein als akzeptabler Wert angesehen, bei dem ein Staat seine Schulden bedienen kann, ohne sein Wachstum zu gefährden.
Zypern muss weiter warten
Das hochverschuldete Zypern muss dagegen weiter auf ein Rettungspaket warten. Nach wie vor ist unklar, wieviel Geld der pleitebedrohte Inselstaat benötigt. Dies wird derzeit von Experten geprüft. «Endgültige Ergebnisse werden Mitte Januar erwartet», schrieb die Eurogruppe. Die Minister bescheinigten Zypern Fortschritte bei der Haushaltssanierung. Das pleitebedrohte Euro-Land Zypern hatte im Sommer einen Antrag auf Hilfen aus dem Rettungsfonds gestellt. Die Summe ist noch nicht bekannt, wird aber auf etwa 17,5 Milliarden Euro geschätzt. Die Banken in dem Inselstaat sind eng mit dem griechischen Bankensektor verbunden. (awp/mc/pg)