Giorgios Papandreou, griechischer Ministerpräsident.
Athen – Das pleitebedrohte Griechenland steht in dieser Woche vor der wichtigsten Weichenstellung seit der Wiederherstellung der Demokratie 1974. Das Parlament beginnt am heutigen Montag mit mehrtägigen Beratungen über das umstrittene Sparprogramm der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou.
Von der Annahme des Pakets, mit dem bis 2015 78 Milliarden Euro eingespart werden sollen, hängt die Auszahlung einer weiteren Kredittranche von EU und IWF in Höhe von 12 Milliarden Euro ab. Ausserdem ist der strikte Sparkurs Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro, das am kommenden Wochenende von den EU-Finanzministern beschlossen werden soll. Fliesst das Geld nicht, ist Griechenland pleite. Am Mittwoch gegen Mittag sollen die Abgeordneten entscheiden. Die regierenden Sozialisten haben 155 Sitze im 300-köpfigen Parlament. Zwei Abgeordnete haben bereits angekündigt, sie könnten «unter den jetzigen Umständen» das Sparprogramm nicht billigen. Es handelt sich um zwei Parlamentarier, deren politische Klientel mit der zur Privatisierung anstehenden Elektrizitätsgesellschaft (DEI) verbunden sind.
Zwei potenzielle Abweichler
Der aus der Hafenstadt Thessaloniki stammende Thomas Robopoulos ist Unternehmer. Sein Familienbetrieb bekomme nach Informationen der griechischen Presse Aufträge von der Elektrizitätsgesellschaft. Der andere potenzielle Abweichler, der 62-Jährige Alekos Athanasiadis wurde in der Region der Stadt Kozani gewählt. In dieser Region gibt es die grössten griechischen Braunkohle-Kraftwerke. Nahezu jeder zweite Einwohner arbeitet bei der DEI oder hat ein Mitglied seiner Familie, die von der Elektrizitätsgesellschaft beruflich abhängig ist. Er stehe unter starkem Druck seiner Wähler. Dem Sparprogramm nach soll der Staat 17 Prozent der DEI verkaufen. Zurzeit hat Athen 51 Prozent der Aktien. Die als privilegiert geltenden DEI-Beschäftigten fürchten, dass sie mit der Privatisierung ihre Vorteile verlieren könnten. Damit könnten ihre Gehälter, die bis zum Dreifachen des Durchschnittslohns des privaten Bereichs ausmachen, gekürzt werden.
Rebellen sollen umgestimmt werden
Wie es aus Kreisen der Regierungspartei der Sozialisten hiess, versucht die Führung der Partei, darunter auch der Finanzminister Evangelos Venizelos, die beiden «Rebellen» umzustimmen. Die Regierungspartei fürchtet aber auch einige andere bislang «schweigende» Abgeordnete. Der Druck soll erste Wirkungen haben. Einer der zwei potenziellen Abweichler soll seine Meinung angesichts der möglichen Finanzkatastrophe für das Land geändert haben, berichtete der griechische Rundfunk ohne den Namen zu nennen.
Riesentransparente auf der Akropolis
Aus Protest gegen das Sparprogramm enthüllten Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME am Morgen auf der Akropolis zwei Riesentransparente. «Die Völker ergeben sich nie» war darauf auf Griechisch und Englisch zu lesen. Für Dienstag und Mittwoch haben viele Gewerkschaften des privaten und staatlichen Bereichs Streiks gegen den Sparkurs der Regierung angekündigt. Unter anderem soll es am Dienstag zu erheblichen Verspätungen im Bereich Luftverkehr kommen. Die Fluglotsen wollen am Dienstagvormittag zwischen 07.00 und 11.00 Uhr und danach am Abend zwischen 17.00 und 21.00 Uhr (MESZ) streiken. Dutzende Flüge sollen verschoben oder anulliert werden. (awp/mc/upd/ps)