London – Der chinesische Technologiekonzern Huawei soll nun endgültig nicht am Ausbau des superschnellen 5G-Mobilfunknetzes in Grossbritannien beteiligt werden. Das teilte der zuständige britische Minister Oliver Dowden am Dienstag im Parlament in London mit.
Der Kauf von Huawei-5G-Komponenten für Netzwerkanbieter in Grossbritannien soll demnach von Ende dieses Jahres an komplett verboten sein. Bereits verbaute Teile sollen bis 2027 entfernt werden, so Dowden. Noch Anfang des Jahres hatte die Regierung von Premierminister Boris Johnson eine Beteiligung Huaweis zumindest teilweise erlaubt – ausserhalb des besonders sensiblen Kernnetzes. Erwartet wird, dass der Ausbau des 5G-Netzes in Grossbritannien durch die Kehrtwende nun um bis zu drei Jahre zurückgeworfen wird und um Milliarden teurer wird.
Druck aus Washington zeigt Wirkung
Grund für den Schritt sind nach Angaben der Regierung neben Sicherheitsbedenken auch die Folgen der kürzlich verhängten US-Sanktionen gegen Huwawei. Washington versucht seit Monaten, Druck auf seine Partner auszuüben, Huawei vom Ausbau seiner 5G-Netze auszuschliessen. Grossbritannien hofft auf ein lukratives Handelsabkommen mit den USA nach dem Austritt aus der Europäischen Union. Ein Streit um Huawei hätte die Verhandlungen erheblich belasten können.
Doch auch mit China hofften die Briten nach dem Brexit auf ein erhöhtes Handelsvolumen. Allerdings sind die Beziehungen mit Peking derzeit durch den Streit um das von China eingeführte Sicherheitsgesetz in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong ohnehin erheblich angespannt. Chinas Botschafter in London, Liu Xiaoming, bezeichnete den Ausschluss von Huawei als enttäuschend und falsch. «Es ist fragwürdig geworden, ob Grossbritannien ein offenes, faires und nicht diskriminierendes Geschäftsumfeld für Unternehmen aus anderen Ländern bieten kann», so der Diplomat per Twitter.
Huawei sieht Grossbritannien auf der digitalen Schleichspur
Huawei in Grossbritannien zeigte sich enttäuscht. Die Entscheidung drohe, das Land «auf die digitale Schleichspur zu führen, Mobilfunkdienste teurer zu machen und die digitale Ungerechtigkeit zu vertiefen, so das Unternehmen. «Unsere Zukunft in Grossbritannien ist leider politisiert worden, es geht um US-Handelspolitik, nicht um Sicherheit», hiess es in der Huawei-Mitteilung.
Arun Bansal, Ericsson-Chef für Europa und Lateinamerika, begrüsste den Schritt hingegen. «Die heutige Entscheidung beseitigt die Unsicherheit, die Investitionsentscheidungen im Zusammenhang mit der Einführung von 5G in Grossbritannien verlangsamt hat», so Bansal. Ericsson verfüge über die Technologie, die Erfahrung und die Lieferkettenkapazität, um ein weltweit führendes 5G-Netz zu schaffen.
Teurer Kurswechsel
Der Kurswechsel der britischen Regierung kommt die Mobilfunk-Provider des Landes teuer zu stehen. Da die vierte Mobilfunkgeneration 4G (LTE) und 5G technisch aufeinander aufbauen, hätte bereits vorhandene LTE-Technik von Huawei vergleichsweise einfach auf 5G aufgerüstet werden können. Wenn man im 5G-Netz Huawei jedoch als Anbieter ausschliesst, müssen auch die 4G-Anlagen der Chinesen im Rahmen der 5G-Aufrüstung entfernt werden, obwohl die eigentlich noch voll funktionsfähig sind. Daher wehren sich auch die Provider in Deutschland dagegen, Huawei aus dem Kreis der Wettbewerber zu verbannen. Allerdings verwenden weder die Telekom noch Vodafone und Telefónica Huawei in ihren Kernnetzen. (awp/mc/ps)