Massenkundgebung auf dem Platz Praça do Comércio in Portugals Hauptstadt.
Lissabon – In Lissabon haben am Wochenende nach Gewerkschaftsangaben mehr als 300’000 Menschen gegen den Sparkurs der portugiesischen Regierung demonstriert. Der neue Generalsekretär des grössten Gewerkschaftsdachverbandes CGTP, Arménio Carlos, sprach nach Medienberichten von der grössten Demonstration der vergangenen 30 Jahre. Carlos warf der Regierung vor, sich den Interessen der «Troika» von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) zu unterwerfen.
Zentrum der Massenkundgebung war am Samstag der Platz Praça do Comércio im Herzen der portugiesischen Haupstadt. Carlos forderte in einer Rede, der Mindestlohn müsse sofort angehoben werden. Die Arbeiter dürften nicht als Handelsware behandelt werden. Er schloss als nächstes Druckmittel einen Generalstreik nicht aus. Carlos sagte, er schäme sich für jüngste Äusserungen des Finanzministers Vítor Gaspar. Dieser habe sich in Brüssel bei seinem deutschen Kollegen Wolfang Schäuble dafür bedankt, dass Berlin sich bereit gezeigt habe, das Portugal auferlegte Sparprogramm zu lockern. «Die Deutschen mögen zahlenmässig in der Mehrheit sein, aber sie haben nicht mehr Würde», sagte der GGTP-Chef.
Portugal nach Griechenland grösstes Sorgenkind der Eurozone
Als Gegenleistung für das 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) verpflichtete sich Portugal zur Senkung des Haushaltsdefizits von 9,8 (2010) auf 5,9 Prozent (2011) des Bruttoinlandsproduktes. Der liberal-konservative Ministerpräsident Pedro Passos Coelho versicherte, sein Land werde das mit den internationalen Geldgebern erst für 2012 vereinbarte Defizitziel von 4,5 Prozent schon für das Jahr 2011 erreicht haben. Das Land gilt derzeit nach Griechenland als grösstes Sorgenkind der Eurozone. (awp/mc/ps)