Mehrheit im Parlament für Amtsenthebung wahrscheinlich: Brasiliens (Noch-)Präsidentin Dilma Rousseff.
Brasília – Am Vortag der Olympia-Eröffnung ist eine der letzten Hürden im Amtsenthebungsverfahren gegen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff genommen worden: Eine Sonderkommission des Senats bewilligte am Donnerstag mit 14 zu 5 Stimmen das Verfahren gegen die suspendierte Staatschefin.
Rousseff werden Haushaltstricksereien vorgeworfen. Vizepräsident Michel Temer wurde nach Rousseffs Suspendierung für 180 Tage Interimspräsident.
Wenn das Plenum nächste Woche wie erwartet das Gutachten der Kommission bestätigt, kommt es zu den entscheidenden Beratungen in der Parlamentskammer ab 29. August, bis zum 2. September könnte das Votum erfolgen. Knapp zwei Wochen nach den Olympischen Spiele könnte dann Brasilien mit Temer endgültig einen neuen Präsidenten haben. Wenn zwei Drittel der Senatsmitglieder der Amtsenthebung zustimmen, wäre die Politikerin der linken Arbeiterpartei abgesetzt.
Temer vor erstem grossem Auftritt am G20-Gipfel
Der Zeitplan hängt mit dem G20-Gipfel in China am 4. und 5. September zusammen. Der 75 Jahre alte Jurist Temer würde dann als regulärer Präsident des fünftgrössten Landes der Welt anreisen und seinen ersten grossen Auftritt ausserhalb Brasiliens haben.
Temer bildete für seine Interimsamtszeit eine Mitte-Rechts-Regierung – Ziel ist vor allem die Überwindung der Rezession. Im Falle von Rousseffs Absetzung würde die Temer-Regierung ohne Neuwahl bis Ende 2018 weitermachen könnte.
Eine Mehrheit für Rousseffs Amtsenthebung gilt als wahrscheinlich. Sie sieht das Verfahren als politisch motiviert an und spricht von einem «Putsch», weil sich ihr Vizepräsident Temer mit der Opposition verbündet hatte, um im Abgeordnetenhaus und Senat die notwendigen Mehrheiten in dem mehrstufigen Amtsenthebungsverfahren zu erreichen.
An diesem Freitag darf Temer in seiner Funktion als Interimspräsident die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro eröffnen. (awp/mc/ps)