Washington – Gute Nachrichten für die US-Wirtschaft: Im September hat der amerikanische Arbeitsmarkt mit einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit überrascht. Nach Regierungszahlen vom Freitag sank die Arbeitslosenquote um 0,3 Punkte auf 7,8 Prozent. Damit liegt die von der US-Notenbank Fed stark beachtete Quote erstmals seit über dreieinhalb Jahren unter acht Prozent. Auch die Beschäftigungsentwicklung seit Juli stellt sich angesichts korrigierter Zahlen besser da als zunächst gedacht. Experten äusserten deshalb Zweifel am Sinn der jüngsten geldpolitischen Lockerung in den USA.
Im September wurden ausserhalb der Landwirtschaft 114.000 neue Stellen geschaffen, was im Rahmen der Erwartungen lag. Für die beiden Vormonate wurde der Jobzuwachs aber deutlich um insgesamt 86.000 Stellen nach oben korrigiert. «Das ist ungewöhnlich viel», kommentierte Dekabank-Experte Rudolf Besch. Im Schnitt der letzten drei Monate wurden damit 145.000 Stellen pro Monat geschaffen. Das ist zwar deutlich weniger als noch zu Jahresbeginn, aber auch wesentlich mehr als bislang vermutet.
Arbeitslosigkeit sinkt
Für eine Faustdicke Überraschung sorgte jedoch die stark gesunkene Arbeitslosenquote: «Mit 7,8 Prozent liegt sie mittlerweile in einem Bereich, wo man sich mit einer geldpolitischen Lockerung normalerweise schwer tut», sagte Experte Besch. Insgesamt sei die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt eigentlich zu gut für «geldpolitische Experimente». Die Fed hatte Mitte September ihre ohnehin schon hoch expansive Geldpolitik mit einer dritten Runde von Anleihekäufen (QE3) zusätzlich gelockert. Als wichtigster Grund gilt die Lage am Arbeitsmarkt, die Fed-Chef Ben Bernanke mehrfach als frustrierend bezeichnet hatte.
Die verringerte Arbeitslosigkeit geht den Daten zufolge nicht darauf zurück, dass sich Arbeitslose aus Resignation nicht mehr um einen Job bemüht haben. «Das zeigt die Partizipationsrate», wie Experte Besch erklärte. Die Rate gibt Auskunft darüber, wie viele Menschen am Arbeitsmarkt aktiv sind – also Arbeit suchen oder beschäftigt sind. Im September legte die Rate leicht zu. Das spricht dafür, dass die sinkende Arbeitslosigkeit eben nicht einem statistischen Effekt geschuldet ist, sondern tatsächlich rückläufig war.
Lohnentwicklung positiv
Auch die Lohnentwicklung zeichnete im September ein freundlicheres Bild: Die für den Konsum wichtigen Lohnstückkosten stiegen um 0,3 Prozent und damit stärker als erwartet. Zudem erhöhte sich die Wochenarbeitszeit leicht auf 34,5 Stunden. Beides dürfte sich positiv auf die Einkommenssituation der privaten Haushalte auswirken.
Weisses Haus lobt Entwicklung
Der Rückgang der US-Arbeitslosigkeit ist nach Ansicht des Weissen Hauses ein Beleg für die Genesung der amerikanischen Wirtschaft. Dennoch gebe es weiterhin viel zu tun, hiess es in einer am Freitag veröffentlichten Reaktion auf die neusten Zahlen des Arbeitsministeriums. «Es ist wichtig, dass wir mit einer Politik fortfahren, die die Mittelschicht stärkt, während wir uns aus dem tiefen Loch befreien, das durch die tiefe Rezession verursacht wurde, die im Dezember 2007 begann», erklärte die Regierung von Präsident Barack Obama.
Romney: «So sieht keine Erholung aus»
Der republikanische Herausforderer Mitt Romney bestritt einen wirtschaftlichen Aufschwung. «So sieht keine Erholung aus», sagte er. «Wir haben im September weniger Jobs geschaffen als im August und im August weniger als im Juli», erklärte er über seine Wahlkampagne. Nach wie vor suchten 23 Millionen US-Bürger Arbeit und annähernd jeder Sechste leide unter Armut.
An den Finanzmärkten wurden die Zahlen positiv aufgenommen: Die Aktienmärkte legten wie der Euro zu. Der Dollar, der als «sicherer Hafen» gilt, wurde im Gegenzug belastet. Weniger riskante Anlagen wie deutsche und amerikanische Staatsanleihen gerieten spürbar unter Druck. (awp/mc/pg)