Feuerpause im Gaza-Krieg rückt näher – Details über Austausch

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Gaza / Tel Aviv – Knapp sieben Wochen nach Beginn des Gaza-Krieges soll es erstmals zu einer Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Hamas kommen. Zugleich könnte am Donnerstag ein Teil der von der Hamas beim Terrorangriff am 7. Oktober verschleppten israelischen Geiseln freikommen. Im Gegenzug sollen als Teil einer am Mittwoch bekanntgemachten Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden. Mit der Waffenruhe soll es auch grössere Hilfslieferungen für die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen geben.

Die islamistische Hamas und die israelische Regierung haben sich auf eine maximal zehntägige Feuerpause in Israel und dem abgeriegelten Gazastreifen geeinigt. Teil der Vereinbarung ist ein Austausch von bis zu 100 Geiseln aus Israel gegen bis zu 300 palästinensische Insassen israelischer Gefängnisse. Die Kampfpause soll nach Angaben der Hamas am Donnerstag um 10.00 Uhr Ortszeit (9.00 Uhr MEZ) beginnen.

Terroristen der Hamas und anderer Gruppierungen hatten am 7. Oktober im Süden von Israel beispiellose Massaker verübt, rund 1200 Menschen getötet und etwa 240 Geiseln nach Gaza verschleppt – darunter auch Deutsche. Von den 240 Verschleppten wurden bislang vier weibliche Geiseln von der Hamas freigelassen. Eine junge Soldatin konnte vom Militär befreit werden. Die Armee fand zudem die Leichen zweier Frauen. Wie viele insgesamt noch am Leben sind, ist unklar.

Israels Militär flog als Reaktion auf den Terror der Hamas Luftangriffe auf den Gazastreifen und rückte mit Bodentruppen in das abgeriegelte Küstengebiet ein. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums wurden dabei mehr als 16 000 Menschen getötet.

Kampfpause wird maximal zehn Tage dauern
In einem ersten Schritt geht es einem israelischen Kabinettsbeschluss zufolge um den Austausch von 50 israelischen Geiseln und 150 palästinensischen Häftlingen innerhalb von vier Tagen. Die Geiseln und Häftlinge sollen dabei in jeweils vier Gruppen freigelassen werden. Für die Übergabe von mindestens zehn israelischen Geiseln an israelische Sicherheitskräfte werde eine Zahl von Häftlingen freigelassen, hiess es. Wie viele, ging aus dem Dokument nicht hervor. In einem zweiten Schritt sollen ebenfalls in kleineren Gruppen bis zu 50 weitere israelische Geiseln für bis zu 150 weitere palästinensische Häftlinge ausgetauscht werden.

Für den gesamten Austausch sind maximal zehn Tage vorgesehen. Spätestens danach soll der Kampf der israelischen Armee gegen die Hamas und andere islamistische Extremisten im Gazastreifen weitergehen.

Alle Geiseln sollen Israelis oder Einwohner Israels sein
Die israelische Nachrichtenseite Ynet meldete, Israel dürfe der Vereinbarung zufolge die Namen der 100 Geiseln, die freikommen sollen, an die Hamas übermitteln. Teil des Deals soll demnach auch sein, dass entführte Mütter und Kinder bei der Freilassung nicht voneinander getrennt werden. Alle Geiseln sollen laut Regierungsbeschluss die israelische Staatsbürgerschaft haben oder Einwohner Israels sein. Ob auch Doppelstaatler mit deutschem Pass darunter sein könnten, war unklar.

Israel nennt Details zu den beim Gaza-Deal freikommenden Häftlingen
Israel gab am Mittwoch Namen und Einzelheiten zu den inhaftierten Palästinensern bekannt, die für eine Freilassung infrage kommen. 123 der 300 Gefangenen sind demnach Jugendliche unter 18 Jahren. Die Jüngsten sind erst 14 Jahre alt. 33 Häftlinge sind der Auflistung zufolge Mädchen und Frauen. Zur Last gelegt wird ihnen unter anderem das Werfen von Brandbomben, Brandstiftung oder Messerattacken.

Israelische Medien hatten zuvor berichtet, dass keine Häftlinge freigelassen würden, die wegen Mordes im Gefängnis sitzen. Sie sollen demnach in die Orte zurückkehren, in der sie vor ihrer Inhaftierung gelebt haben, etwa ins Westjordanland oder nach Ost-Jerusalem.

Die Veröffentlichung der Einzelheiten über die palästinensischen Häftlinge soll Medien zufolge der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, gegen die Freilassung bestimmter Personen Einspruch beim Obersten Gericht einzulegen. Nach Angaben eines israelischen Regierungssprechers könnten unter anderem Angehörige von Terroropfern dies innerhalb von 24 Stunden tun. Es wird jedoch nicht erwartet, dass das Gericht gegen die Entscheidung der Regierung vorgehen wird.

Israel: Armee hat rund 400 Tunnelschächte in Gaza zerstört
Die israelischen Streitkräfte griffen erneut Ziele der islamistischen Hamas im Gazastreifen an. Seit Beginn des Gaza-Krieges am 7. Oktober zerstörten Soldaten rund 400 Tunnelschächte im Gazastreifen, teilte das Militär am Mittwoch mit. Viele der Tunnel der islamistischen Hamas seien unter zivilen Krankenhäusern, Schulen und Häusern gewesen.

Im sandigen Boden des rund 45 Kilometer langen und etwa sechs bis 14 Kilometer breiten Gazastreifens mit seinen mehr als zwei Millionen Einwohnern gibt es nach israelischen Angaben ein Netz unterirdischer Tunnel. Die islamistische Hamas hatte 2007 in dem Küstengebiet gewaltsam die Macht an sich gerissen. Sie will den Staat Israel zerstören.

Palästinenser: Sechs Tote bei Armeeeinsatz im Westjordanland
Bei einem Einsatz der israelischen Armee im nördlichen Westjordanland wurden nach palästinensischen Angaben sechs Menschen getötet. Das Gesundheitsministerium in Ramallah bestätigte am Mittwoch den Tod der Palästinenser in Tulkarem. Unklar war zunächst, ob die Toten Mitglieder extremistischer Gruppen gewesen waren. Die israelische Armee teilte zunächst nur mit, man warte auf weitere Details zu dem Vorgang.

Seit den Massakern von Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober hat sich die Sicherheitslage im von Israel besetzten Westjordanland massiv verschlechtert. Bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten, aber auch Attacken von israelischen Siedlern, sind seither 216 Palästinenser getötet worden, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. (awp/mc/pg)

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