Herber Dämpfer für die deutsche Exportwirtschaft

Herber Dämpfer für die deutsche Exportwirtschaft
(Foto: Marco2811 - Fotolia.com)

Wiesbaden – Der deutsche Aussenhandel hat überraschend einen kräftigen Dämpfer verzeichnet. Im Juni seien die Exporte im Monatsvergleich saisonbereinigt um 2,8 Prozent gefallen, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit. In dieser Betrachtung ist das der stärkste Rückgang seit August 2015. Im Jahresvergleich gab es bei den Exporte im Juni aber immer noch ein Plus von 0,7 Prozent. Trotz eines insgesamt intakten Aufschwungs blickt der Bundesverband der Deutschen Industrie mit Sorge in die Zukunft – vor allem was Russland und Iran angeht.

Der Juni-Rückschlag bei den Exporten war im Monatsvergleich der erste im laufenden Jahr. Volkswirte wurden von der Entwicklung überrascht. Sie waren von einem Zuwachs um 0,2 Prozent ausgegangen. Allerdings unterliegen Daten zum deutschen Aussenhandel starken Schwankungen. Wie das Bundesamt weiter mitteilte, haben deutsche Firmen im Juni Waren im Wert von 107,2 Milliarden Euro exportiert.

Rückschlag bei Exporten ausserhalb der EU
Ausschlaggebend für den Juni-Dämpfer bei den Exporten war ein schwaches Abschneiden im Aussenhandel mit Ländern ausserhalb der EU, sogenannten «Drittländen». Im Jahresvergleich habe es hier einen Rückgang um 1,7 Prozent gegeben, während der Handel mit Ländern in der Eurozone und der EU weiter zulegen konnte.

Für den Monat Juni liegt beim Statistischen Bundesamt noch keine detaillierte Auflistung der einzelnen Handelsdaten aus dem Bereich Drittländer vor. Die zuletzt verfügbaren Daten stammen aus dem Mai. Sie zeigen noch jeweils starke Export-Zuwächse im Handel mit den USA, China oder Japan.

Importe brechen ein
Neben den Exporten fielen im Juni auch die Importe enttäuschend aus. Wie das Bundesamt mitteilte, brachen die Einfuhren im Vergleich zum Vormonat um 4,5 Prozent auf 84,9 Milliarden Euro ein. Volkswirte hatten auch hier einen leichten Anstieg um 0,2 Prozent erwartet. Im Jahresvergleich stiegen die Importe allerdings um 3,6 Prozent.

Unterm Strich ergibt sich für Juni ein Überschuss in der deutschen Handelsbilanz von bereinigt 21,2 Milliarden Euro. Bei der Leistungsbilanz meldete das Bundesamt einen Überschuss von 23,6 Milliarden Euro.

BDI: «Die deutschen Exportunternehmen sind verunsichert»
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) blickt mit Sorge in die Zukunft. «Die deutschen Exportunternehmen sind verunsichert», sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Seiner Einschätzung nach könnten sich die jüngsten Sanktionen der USA gegen Russland und Iran auf deutsche und europäische Unternehmen negativ auswirken. «Dieses Vorgehen bedroht die partnerschaftliche Zusammenarbeit im transatlantischen Verhältnis.»

Deutschland steht seit geraumer Zeit wegen seiner vergleichsweise hohen Überschüsse in der internationalen Kritik. Vor allem US-Präsident Donald Trump hatte in den vergangenen Monaten scharfe Vorwürfe formuliert.

ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski sprach von erneut enttäuschenden Daten aus der deutschen Wirtschaft. Bereits am Montag waren Experten von einem Rückgang der Industrieproduktion überrascht worden. Brzeski verwies aber auch auf jüngste Stimmungsdaten aus der deutschen Wirtschaft. Mit dem Ifo-Geschäftsklima hatte das wichtigste deutschen Konjunkturbarometer zuletzt ein Rekordhoch erreicht. Auch wenn sich harte Konjunkturdaten aus dem Juni zunehmend als Enttäuschung erweisen, geht Experte Brzeski noch nicht davon aus, dass der deutsche Aufschwung seinen Höhepunkt bereits überschritten hat. (awp/mc/upd/ps)

Schreibe einen Kommentar