Japans Autoindustrie steht länger still
Takanobu Ito, CEO und Präsident Honda.
Detroit – Japans Autofabriken bleiben vorerst geschlossen. Nach Branchenprimus Toyota hat nun auch Honda erklärt, wegen der Katastrophe seine Endmontagewerke frühestens Mitte der kommenden Woche wieder zu öffnen. Daimler lässt seine Lastwagenproduktion in Japan bis mindestens Dienstag ruhen. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt eine Entscheidung von General Motors: Der US-Autobauer hält eine komplette Pick-up-Fabrik im heimischen Louisiana für eine ganze Woche an – es fehlen wichtige Teile aus Japan.
Die Sicherheit der knapp 13 000 Mitarbeiter an den elf Standorten habe oberste Priorität, begründete Daimler-Nutzfahrzeugvorstand Andreas Renschler am Freitag in Stuttgart den Produktionsstopp. Sobald es die Sicherheitslage erlaube, werde die Tochter Mitsubishi Corp Fuso den Betrieb wieder aufnehmen. «Aber natürlich sind auch bei Fuso einige Gebäude und Anlagen beschädigt», sagte Renschler. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei bisher kein Mitarbeiter persönlich von grösseren Schäden betroffen.
Honda: Produktion wieder ab Donnerstag
Bei Honda werde die Produktion statt am kommenden Montag nun voraussichtlich erst am Donnerstag wieder aufgenommen, teilte der Konzern in Japan mit. Für die deutschen Kunden dürfte sich dadurch aber erst mal nichts ändern. «Unsere Lager sind voll und es sind noch Schiffe mit neuen Wagen unterwegs», sagte ein Sprecher von Honda Deutschland in Offenbach. «In den nächsten sechs Wochen erwarten wir keine Lieferprobleme.»
Lücke überschaubar
Nach Angaben des Sprechers stammen 70 Prozent der hierzulande verkauften Honda ohnehin aus europäischer Produktion; auch der überwiegende Teil der Zulieferteile werde lokal eingekauft. «Die Kollegen in Japan werden die anderthalb Wochen Ausfall durch Sonderschichten wohl wieder aufholen können», sagte der Sprecher. Die Lücke, die sich durch den langen Seetransport erst mit Verzögerung in Europa auftut, sei überschaubar: «Vielleicht wird die Lieferung der einen oder anderen Ausstattungsvariante etwas länger dauern.»
Zulieferteile aus Japan knapp
In den USA ist die Katastrophe dagegen schon angekommen. Die Produktion in Shreveport in Louisiana werde in der kommenden Woche ruhen, teilte General Motors mit. Welche Zulieferteile aus Japan genau knapp werden, verriet GM nicht. Analysten gehen von Elektronikkomponenten aus – Japan ist eine Hochburg der Chipfertigung und ohne die winzigen Bauteile kommt kein moderner Wagen mehr aus.
GM: Genügend Fahrzeuge auf Halde
«Wir werden die Produktion so schnell wie möglich wieder aufnehmen», versicherte GM. Alle anderen Fabriken arbeiteten normal weiter und es stünden auch genügend Fahrzeuge auf Halde, um die Kunden zu beliefern. Es ist allerdings unklar, ob das Pick-up-Werk nach der einwöchigen Zwangspause wirklich wieder aufmacht. Die japanische Elektroindustrie fährt ihre Anlagen nur langsam wieder hoch. Für die empfindliche Chipproduktion muss die Stromversorgung sichergestellt sein. Weil jedoch die Atomkraftwerke beim Beben abgeschaltet oder stark beschädigt wurden, ist Energie knapp.
Länger mit Lagerbeständen auskommen
Toyota und Subaru haben die Produktion in ihren US-Werken bereits gedrosselt, um länger mit den Lagerbeständen auszukommen. Toyota will seine Teileproduktion für die ausländischen Fabriken nun auch als erstes wieder ans Laufen kriegen; der Neustart ist für Montag geplant. Deutsche Autohersteller klagten bislang noch nicht über fehlende Teile. Die Schiffe, auf denen die Komponenten für die laufende Produktion unterwegs sind, hatten noch vor der Katastrophe abgelegt.
Daimler: «Zur Zeit sind wir voll produktionsfähig»
Daimler-Vorstand Rentschler erklärte, es sei noch nicht absehbar, ob es wegen der Katastrophe zu Lieferengpässen bei der Nutzfahrzeugproduktion kommen könne. Eine Arbeitsgruppe prüfe derzeit die Lieferkette. «Zur Zeit sind wir voll produktionsfähig.» Bei der japanischen Tochter Fuso könne er Probleme aber nicht ausschliessen, sagte Rentschler. Erschwerend kommt hinzu, dass ein Grossteil der nach Japan entsandten Daimler-Experten aus Deutschland, den USA und Indien bereits ausgereist ist. Denn im Atomkraftwerk Fukushima I droht noch immer der Super-GAU. (awp/mc/upd/ss)
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