Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn . (Foto: Ifo-Institut)
München – Die Stimmung in den deutschen Unternehmen hat sich im Januar deutlich verschlechtert. Das Ifo-Geschäftsklima, Deutschlands am stärksten beachteter Frühindikator, fiel zum Vormonat um 1,3 Punkte auf 107,3 Zähler, wie das Münchner Institut am Montag mitteilte. Das ist der tiefste Stand seit Februar 2015. Bankvolkswirte hatten zwar mit einer Eintrübung gerechnet, allerdings nur auf 108,4 Punkte. Die Geschäftslage verschlechterte sich nur leicht, die Aussichten für das kommende halbe Jahr trübten sich dagegen deutlich ein.
«Die deutsche Wirtschaft blickt erschrocken ins neue Jahr», kommentierte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn das Umfrageergebnis. Im verarbeitenden Gewerbe, im Dienstleistungssektor und im Baugewerbe verschlechterte sich das Geschäftsklima. Im Grosshandel verbesserte es sich dagegen, im Einzelhandel blieb die Stimmung nahezu unverändert.
Konjunktursorgen erreichen Chefetagen
«Es sieht so aus, als hätten die globalen Ereignisse letztlich die Vorstandsetagen deutscher Unternehmen erreicht», kommentierte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Direktbank ING-Diba. Die Geschäftserwartungen seien von den Turbulenzen an den Finanzmärkten und neuerlichen Sorgen wegen der Wachstumsabschwächung in China belastet worden. Der Ifo-Erwartungsindikator fiel um 2,2 Punkte auf 102,4 Zähler. Das ist der tiefste Stand seit August 2015.
Brzeski wies darauf hin, dass sich mit dem Rücksetzer die Lücke zwischen zuletzt schwächeren Wirtschaftsdaten und robusten Umfrageergebnissen zu schliessen beginne. In den vergangenen Wochen hatten vor allem Zahlen aus der Industrie enttäuscht. Das verarbeitende Gewerbe leidet aufgrund seiner Exportorientierung stärker unter der Schwellenländerschwäche als etwa die Dienstleister.
Aktuelles Wachstum robust
Sowohl die ING-Diba als auch das britische Analysehaus Capital Economics stellen jedoch den deutlich schwächeren Rückgang der Lagebewertung heraus. Die Komponente fiel um 0,3 Zähler auf 112,5 Punkte. Dies deute darauf hin, dass das tatsächliche Wachstumstempo der deutschen Wirtschaft vorerst solide bleibe, kommentierte Jonathan Loynes von Capital Economcs.
An den Finanzmärkten fiel die erste Reaktion auf die Stimmungseintrübung verhalten aus. Während der Aktienmarkt leicht nachgab, zeigten sich sowohl der Euro als auch Bundesanleihen zunächst wenig bewegt. (awp/mc/ps)