Ifo-Geschäftsklima trübt sich erstmals seit Herbst wieder ein
München – Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Mai erstmals seit einem halben Jahr wieder eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsklima fiel zum Vormonat um 1,7 Punkte auf 91,7 Zähler, wie das Ifo-Institut am Mittwoch in München mitteilte. Zuvor war das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer sechs Monate in Folge gestiegen. Nach Einschätzung von Experten ist der Dämpfer beim Ifo-Index kein Ausreisser. Sie wollen eine Rezession in der zweiten Jahreshälfte nicht ausschliessen.
«Die deutsche Wirtschaft blickt skeptisch auf den Sommer», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest das Ergebnis der Umfrage unter etwa 9000 Unternehmen. Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang gerechnet und einen Indexwert von 93,0 Punkten erwartet.
Negativer Ausblick
Die künftigen Geschäfte werden von den befragten Unternehmen deutlich schlechter eingeschätzt. Hier fiel der entsprechende Indexwert für die Geschäftserwartungen im Mai auf 88,6 Punkte, nach 91,7 Zähler im Monat zuvor. Auch die aktuelle Lage bewerten die Unternehmen im Mai weniger gut.
In der Industrie verschlechterte sich das Geschäftsklima merklich. Insbesondere die Erwartungen seien im verarbeitenden Gewerbe abgestürzt. «Einen stärkeren Rückgang gab es zuletzt im März 2022 nach Beginn des Krieges in der Ukraine», hiess es in der Mitteilung.
Im Bauhauptgewerbe ging das Geschäftsklima im Mai ebenfalls zurück. Im Dienstleistungssektor ist der entsprechende Indexwert hingegen nahezu unverändert geblieben.
BIP-Rückgang droht im zweiten Quartal
Nach Einschätzung von Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, ist die aktuelle Entwicklung kein Ausreisser. Er verwies auf andere wichtige Frühindikatoren und die Auftragseingänge, die sich zuletzt alle klar nach unten bewegt haben.
Im zweiten Quartal droht der deutschen Wirtschaft ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, kommentierte Analyst Andreas Scheuerle von der Dekabank die Ifo-Daten. Er verwies auf die Zinserhöhungen der Notenbanken im Kampf gegen die hohe Inflation. «Der rasante globale Zinsanstieg lastet auch auf der Konjunktur wichtiger Handelspartnerländer, wie beispielsweise den USA oder Grossbritannien. Das schmälert die deutschen Exporterfolge», sagte Scheuerle.
Analyst Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen verwies allerdings auf die nach wie vor robuste Lage im Bereich Dienstleistungen. Dies könnte dazu beitragen, dass eine Rezession in der deutschen Wirtschaft vermieden werden kann. Wortberg hält sogar eine konjunkturelle Erholung im weiteren Verlauf des Jahres für möglich. (awp/mc/pg)