Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.
München – Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich trotz der jüngsten Finanzmarktturbulenzen und der Staatsschuldenkrise im September relativ robust gezeigt. Die vom Ifo-Institut befragten Unternehmen sehen zwar die künftige Entwicklung pessimistischer, die Bewertung der aktuellen Lage hat sich jedoch kaum eingetrübt. Ökonomen sehen allerdings weiterhin wachsende Rezessionsgefahren.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex sei von 108,7 Punkten im Vormonat auf 107,5 Punkte gefallen, teilte das Ifo-Institut am Montag in München mit. Dies war der dritte Rückgang in Folge. Von dpa-AFX befragte Volkswirte hatten mit einem stärkeren Rückgang auf 106,6 Punkte gerechnet. Der Erwartungsindex sank von 100,0 auf 98,0 Punkte. Die Lagekomponente ging von 118,1 Punkten auf 117,9 Zähler zurück. Andere Frühindikatoren wie die ZEW-Konjunkturerwartungen hatten sich zuletzt deutlicher eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsklima ist das wichtigste Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft. Es basiert auf einer monatlichen Umfrage bei rund 7.000 Unternehmen.
Andere Ökonomen pessimistischer
«Die weiterhin gute Lage der Unternehmen zeigt, dass sich die deutsche Konjunktur bislang von den politischen Turbulenzen abkoppeln konnte», kommentierte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn die neuen Umfrageergebnisse. Andere Ökonomen zeigten sich jedoch eher pessimistisch mit Blick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Das Risiko einer Rezession ist nach Einschätzung der Commerzbank in den zurückliegenden Wochen merklich gestiegen. Die Staatsschuldenkrise schüre die Unsicherheit, heisst es in einer Analyse der Bank. «Für die relativ besser aufgestellte deutsche Wirtschaft ist unsere 2012er Wachstumsprognose von 1,5 Prozent mit erheblichen Abwärtsrisiken versehen.»
«Arbeitsmarkt in sehr guter Verfassung»
Die Ökonomen der Postbank halten zwar Sorgen vor einer Rezession für verfrüht. Gleichwohl dürfte sich die Konjunktur in den kommenden Monaten nur äusserst mässig entwickeln. Auch wenn beim jüngsten Ifo-Index grössere Überraschungen ausgeblieben seien, sei die Abwärtstendenz analog zu anderen Stimmungsindikatoren ungebrochen. Die Berenberg Bank sieht zwar zum Jahreswechsel eine moderate Rezession in Deutschland, doch die grundsätzliche Lage bleibe positiv. «Der Arbeitsmarkt ist in einer sehr guten Verfassung und die öffentlichen Finanzen sind grösstenteils solide.» Wie lange und stark der erwartete Abschwung ausfalle, hänge von der Entwicklung in der Schuldenkrise ab.
An der Börse reagierte der Leitindex DAX mit Kursgewinnen auf die Daten. Der Eurokurs erholte sich von anfänglichen Verlusten, während der deutsche Anleihemarkt stark unter Druck geriet. (awp/mc/upd/ps)