Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.
München – Die deutsche Konjunktur hat offenbar ihren Zenit überschritten. Der im April zum zweiten Mal in Folge gesunkene Ifo-Geschäftsklimaindex signalisiert laut Volkswirten den Beginn einer konjunkturellen Trendwende. Nach dem wirtschaftlichen Höhenflug der vergangenen Monate sei diese Entwicklung eine Normalisierung.
Der Geschäftsklimaindex war von 111,1 Punkten im Vormonat auf 110,4 Punkte gefallen, teilte das Ifo Institut am Donnerstag in München mit. Von dpa-AFX befragte Volkswirte hatten im Durchschnitt mit einem Rückgang auf 110,5 Punkten gerechnet. Im Februar hatte der Indikator mit 111,3 Punkten den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht.
Erwartungen sinken
Der Rückgang war alleine durch die verschlechterten Erwartungen bedingt. Die Erwartungskomponente sank im April von 106,5 Punkten im Vormonat auf 104,7 Punkte. Volkswirte hatten mit einer Eintrübung auf 105,6 Punkte gerechnet. Der Rückgang spiegele auch die steigenden Öl- und Rohstoffpreise sowie die Katastrophe in Japan wieder, sagte DekaBank-Volkswirt Andreas Scheuerle.
Lagebeurteilung stieg hingegen
Die Lagebeurteilung stieg hingegen überraschend von 115,8 Punkten auf 116,3 Zähler. Hier hatten die Volkswirte mit einem Rückgang auf 115,5 Punkte gerechnet. Die Lagebeurteilung ist laut Scheuerle weiter sehr positiv, da sich die Unternehmen ein hohes Auftragspolster aufgebaut hätten. Die Experten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) verweisen auf die immer noch gute Stimmung in der Industrie. Auch zu Beginn des zweiten Quartals sei daher mit einer hohen Industriedynamik zu rechnen. «Trotz erheblicher Risiken auf der internationalen Ebene geht es den Unternehmen in Deutschland ausgezeichnet», kommentierte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn die neuen Umfrageergebnisse.
EZB-Zinswende könnte belasten
Der Ifo-Index könnte nach Einschätzung der Volkswirte der Commerzbank in den kommenden Monaten weiter nachgeben. Sie sehen in der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) einen Belastungsfaktor. Steigende Leitzinsen würden die konjunkturellen Rahmenbedingungen «normalisieren» und damit die Stimmung etwas belasten. Laut Scheuerle kann die deutsche Wirtschaft nicht dauerhaft mit Raten von mehr als drei Prozent wachsen. «Die Eintrübung beim Ifo-Index ist daher keine Katastrophe.»
Das Ifo-Geschäftsklima ist das wichtigste Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft. Es basiert auf einer monatlichen Umfrage bei rund 7.000 Unternehmen.