München – Die Konjunktur Deutschlands dürfte im zweiten Halbjahr spürbar an Schwung verlieren. Hierauf deutet laut Experten die spürbar schlechtere Stimmung in den deutschen Unternehmen hin. So ist das Ifo-Geschäftsklima im August kräftig um 4,2 Punkte auf 108,7 Zähler gesunken.
Laut Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist das der zweitstärkste Rückgang des wichtigsten Frühindikators für die deutsche Wirtschaft. Nur im Herbst 2008 sei der Indikator nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers noch stärker zurückgegangen. Der jüngste Rückgang lag zudem deutlich über den Markterwartungen. Von dpa-AFX befragte Ökonomen hatten mit einem wesentlich geringeren Rückgang auf 111,2 Punkte gerechnet.
Klarer Hinweis auf nachlassende Wirtschaftsdynamik
Ökonomen werteten das Umfrageergebnis als klaren Hinweis auf eine nachlassende Wirtschaftsdynamik. «Vor allem die stark eingetrübte Erwartungshaltung ist bedenklich», sagte DekaBank-Experte Christian Melzer. Diese Komponente des Ifo-Index sank im August von 105,0 auf 100,1 Punkte. Die Lagebeurteilung trübte sich nicht ganz so stark ein. Sie sank von 121,4 auf 118,1 Punkte. «Auch bei den Unternehmen scheint sich zusehends eine hohe Unsicherheit breit zu machen», resümierte Melzer.
Konjunktur verliert an Schwung
Auch die LBBW geht von einer deutlichen Konjunkturverlangsamung im zweiten Halbjahr aus. Der jüngste Rückgang des Ifo-Index sei zwar erst der zweite in Folge. «Dafür fiel er umso heftiger aus.» Nach einem sehr starken Jahresauftakt lag das deutsche Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal mit 0,1 Prozent nur leicht über der Stagnation. Das Wachstum im zweiten Vierteljahr sei zwar durch Sondereffekte belastet worden, sagte DekaBank-Experte Melzer. Für das dritte und vierte Quartal rechnet er dennoch mit Raten von bestenfalls 0,3 bis 0,4 Prozent.
Deutsche Wirtschaft gegen Turbulenzen nicht immun
«Die deutsche Wirtschaft kann sich den weltweiten Turbulenzen nicht entziehen», kommentierte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn die neuen Umfrageergebnisse. Die Stimmungseintrübung war den Daten zufolge breit gestreut und umfasste alle betrachteten Bereiche. Bereits am Dienstag war der ZEW-Index eingebrochen und hatte aktuelle Konjunktursorgen verstärkt. «Den ZEW-Index muss man allerdings vom Ifo-Index abgrenzen, da er vor allem von den Börsenturbulenzen belastet wurde», sagte Melzer. Im Gegensatz zum Ifo-Index, der auf einer Unternehmensumfrage basiert, werden beim ZEW-Index Finanzexperten befragt.
Finanzmärkte reagieren positiv
Die Finanzmärkte reagierten auf die Ifo-Daten überwiegend positiv. Offensichtlich waren nach den jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten noch schlechtere Zahlen befürchtet worden. Der deutsche Aktienmarkt baute seine Gewinne aus. Auch der Euro legte nach den Daten zu. Deutsche Staatsanleihen als «Hort der Sicherheit» erhielten kurzzeitig Zulauf, tendierten zuletzt aber wieder schwächer. (awp/mc/pg)