München / Kiel – Die Konsumlaune der Verbraucher und die gute Arbeitsmarktlage bringen die deutsche Wirtschaft nach Erwartungen von Konjunkturforschern weiter in Schwung. Das Münchner Ifo Institut für Wirtschaftsforschung hob deshalb seine Wachstumsprognose spürbar an. Demnach dürfte die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 1,9 Prozent und 2016 um 1,8 Prozent zulegen. Das sei zwar kein Boom aber «ein ganz ordentlicher Aufschwung», sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Mittwoch. Zuletzt hatten die Münchner Forscher lediglich ein Plus von 1,5 Prozent für 2015 erwartet.
Grösste Stütze für die deutsche Wirtschaft sei der private Konsum, sagte Wollmershäuser. Angesichts der guten Lage am Arbeitsmarkt hätten die Haushalte in Deutschland mehr Geld zur Verfügung. «Auch die Unternehmensinvestitionen werden in einem extrem günstigen Finanzierungsumfeld weiter expandieren.» Einen leichten Dämpfer erwartet der Ifo-Experte dagegen bei den Exportaussichten, weil sich die Weltkonjunktur im Laufe des kommenden Jahres abkühlen dürfte.
Angesichts der guten Konjunkturaussichten rechnet Wollmershäuser auch mit einer weiter wachsenden Arbeitsnachfrage. Bremsend dürften sich allerdings der Fachkräftemangel und steigende Arbeitskosten auswirken. Für die Zahl der Erwerbstätigen rechnet der Experte mit einer Zunahme um 235 000 Menschen in diesem und 250 000 im kommenden Jahr. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit dürfte mit rund 135 000 Personen in diesem und 120 000 Menschen im kommenden Jahr zwar weniger stark ausfallen, doch mache sich hier die Zahl der Zuwanderer bemerkbar, die eine Tätigkeit aufnehmen.
IfW hebt Prognose für 2016 an
Ähnlich zuversichtlich für die deutsche Wirtschaft zeigte sich das Kieler Institut für Weltwirtschaft, das an seiner Prognose von 1,8 Prozent Wirtschaftswachstum in Deutschland in diesem Jahr festhielt. Für das nächste Jahr hoben die Ökonomen ihre Erwartungen von 2,0 Prozent im März auf aktuell 2,1 Prozent an. «Die Konjunktur in Deutschland ist weiter aufwärts gerichtet», erklärte der Leiter des IfW-Prognosezentrums, Prof. Stefan Kooths.
Die Experten sehen aber auch Gefahren. So könnte eine Eskalation politischer Konflikte in wichtigen erdölproduzierenden Ländern den Ölpreis wieder in die Höhe treiben, mahnte Wollmershäuser. Risiken sieht das Essener Wirtschaftsforschungsinstitut RWI durch einen möglichen Zahlungsausfall Griechenlands und Turbulenzen an den Finanzmärkten als Folge. Hinzu kommen die unabsehbaren Folgen eines Austritts des pleitebedrohten Eurolandes aus der europäischen Währungsunion, so die Warnung der IfW-Forscher: «Gefährlich ist der derzeitige Kurs der griechischen Regierung vor allem für Griechenland selbst.»
Für Deutschland mahnte das Kieler Institut zudem: «Insgesamt besteht die Gefahr, dass die Wirtschaftspolitik die gute Konjunktur als Ruhekissen auffasst.» Wegen der schwächeren Entwicklung ausserhalb Europas nahm das RWI seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr von zuvor 2,1 Prozent auf 1,8 Prozent zurück. Das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle hatte erst am Vortag seine Wachstumserwartungen für die deutsche Wirtschaft für 2015 etwas gedämpft von zuvor 2,0 Prozent auf 1,8 Prozent. (awp/mc/upd/ps)