«Inauguration Day»: Biden vor Vereidigung

«Inauguration Day»: Biden vor Vereidigung
Joe Biden und Kamala Harris gedenken mit ihren Ehepartnern den Opfern der Corona-Pandemie in den USA. (@JoeBiden/Twitter)

Washington – Die Vereidigung von Joe Biden als 46. US-Präsident besiegelt am Mittwoch das Ende der kontroversen Amtszeit von Donald Trump. Biden will die gespaltene Nation nach seiner Amtseinführung zur Eintracht aufrufen. Trump bleibt als erster Präsident seit 1869 der Vereidigung seines Nachfolgers fern. Der 74-Jährige verliess am Morgen (Ortszeit) das Weisse Haus per Hubschrauber. In der Nacht zum Mittwoch begnadigte Trump noch seinen ehemaligen Chefstrategen Steve Bannon sowie mehr als 70 weitere Personen.

Trump sagte vor Journalisten am Weissen Haus, es sei eine «grosse Ehre» gewesen, US-Präsident zu sein und er hoffe, des es ein Abschied für nicht allzu lange Zeit sei. Trump hatte sich über Wochen geweigert, seine Niederlage gegen Biden bei der Präsidentenwahl einzugestehen. Er sprach stattdessen grundlos von massiver Wahlfälschung. Trump stachelte seine Anhänger bei einem Auftritt am 6. Januar an, bevor sie wenig später das Kapitol erstürmten. Deswegen läuft nun bereits das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen ihn.

Trump wünschte der neuen Regierung in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft an die Nation Erfolg – ohne Biden beim Namen zu nennen.

Die Machtübergabe in den USA wird angesichts ihrer beispiellosen Begleitumstände in die Geschichte eingehen: Wegen der Corona-Pandemie gibt es für Biden zum einen kein Massenpublikum. Die Erstürmung des Kapitols durch gewalttätige Trump-Anhänger vor zwei Wochen hat die Behörden zudem zu erheblicher Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen veranlasst. Weite Teile der US-Hauptstadt sind abgeriegelt. Die Polizei wird nach Pentagon-Angaben von rund 25 000 Soldaten der Nationalgarde unterstützt.

Die ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, George W. Bush und Bill Clinton haben ihre Teilnahme an Bidens Amtseinführung zugesagt. Mit ihnen wollte Biden im Anschluss einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten am Nationalfriedhof im nahe gelegenen Arlington ablegen. Wegen der Corona-Pandemie fällt die traditionelle Ballnacht zur Amtseinführung aus, stattdessen ist eine virtuelle Feier geplant.

Parteigrössen gehen auf Distanz
Auch Trumps Stellvertreter Mike Pence kündigte seine Teilnahme an der Zeremonie zur Amtseinführung an. Zu Trumps Abschiedszeremonie am Militärflughafen Andrews bei Washington dagegen wollte er nicht kommen, wie aus seinem vom Weissen Haus veröffentlichten Programm hervorging. Trump wird von der Präsidentenmaschine nach Florida gebracht.

Nach dem Angriff auf das Kapitol war es einsam um den Präsidenten geworden. Auch einige Parteikollegen distanzierten sich von Trump – wie der Top-Republikaner Mitch McConnell. McConnell will am Mittwoch kurz vor der Amtseinführung mit Biden an einem Gottesdienst teilnehmen. Biden hat versprochen, das tief gespaltene Land zu einen – eine Mammutaufgabe angesichts der Ereignisse der vergangenen Wochen. Biden dürfte bei seiner Ansprache nach der Vereidigung die Amerikaner zur Einheit aufrufen, wie er es in den vergangenen Monaten immer wieder gemacht hat.

Thema werden dürfte auch die Corona-Pandemie, die Biden in den Griff kriegen will. Am Vorabend seiner Vereidigung ging es Biden darum, Trost zu spenden. In Gedenken an die Opfer wurden 400 Lichter entlang des Reflexionsbeckens am Lincoln Memorial in Washington entzündet. «Um zu heilen, müssen wir uns erinnern», sagte Biden bei der Zeremonie. Seine künftige Stellvertreterin Kamala Harris sagte, die Amerikaner hätten über viele Monate alleine getrauert. An diesem Abend trauere die Nation zusammen. Sie hoffe, dass das Land mit der Erkenntnis aus der Krise hervorgehe, die einfachen Momente mehr wertzuschätzen und sich füreinander zu öffnen.

Am Dienstag hatten die Vereinigten Staaten in der Corona-Krise einen weiteren düsteren Meilenstein überschritten: Mehr als 400 000 Menschen sind dort seit Beginn der Pandemie nach einer Infektion mit dem Erreger Sars-CoV-2 gestorben. In den vergangenen fünf Wochen wurden allein 100 000 Tote verzeichnet. In absoluten Zahlen gemessen sind die USA das Land mit den meisten nachgewiesenen Ansteckungen und Todesfällen. Biden hat die Eindämmung der Pandemie zu einer der wichtigsten Prioritäten seiner künftigen Regierung erklärt. (awp/mc/pg)

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