Indische Börse feiert Wahlsieg der Opposition – Neues Rekordhoch
Wählerinnen nach erfolgter Stimmabgabe.
Neu Delhi – Die indischen Aktienmärkte haben den Wahlsieg der Opposition bejubelt: Der Börsen-Leitindex Sensex sprang vor dem Wochenende in der Spitze um mehr als sechs Prozent in die Höhe auf ein Rekordhoch von 25 375 Punkten. Zum Handelsschluss blieb nach den bereits üppigen Kursgewinnen der Vortage allerdings nur noch ein kleiner Aufschlag von 0,90 Prozent auf 24 121 Punkte übrig.
Bernstein-Analyst Neil Beveridge zufolge feiern die Kapitalmärkte, weil Modi als Wirtschaftsfreund und Reformer gilt. Er sollte die Investitionstätigkeit in dem riesigen Land wieder beleben und auch frisches ausländisches Kapital anziehen. Beveridge warnt aber auch, dass Indien so oder so kurzfristig vor grossen wirtschaftlichen Herausforderungen stehe. Strukturelle Probleme wie hohe Zinsen, die steigende Zahl fauler Kredite sowie das Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit könnten die aktuelle Reform-Euphorie schnell wieder abbremsen.
In Erwartung eines Machtwechsels hatte der Sensex vor einer Woche zum Höhenflug angesetzt und seitdem in der Spitze mehr als 13 Prozent zugelegt. Der breiter gefasste Aktienindex Nifty erreichte im Verlauf am Freitag ebenfalls einen neuen Rekord und ging 1,12 Prozent höher bei 7203 Punkten ins Wochenende. Die hindu-nationalistische BJP (Bharatiya Janata Party/Indische Volkspartei) mit Spitzenkandidat Narendra Modi steuert auf eine absolute Mehrheit zu. Bei der noch andauernden Auszählung liegt die BJP in mehr als der Hälfte aller Wahlkreise vorne. Die bisher regierende Kongresspartei hat ihre Niederlage inzwischen eingeräumt.
Historischer Machtwechsel
Die weltgrösste Demokratie Indien steht vor einem historischen Machtwechsel: Bei der Parlamentswahl fuhren die Hindu-Nationalisten nach vorläufigen Teilergebnissen einen Erdrutsch-Sieg ein. Die bisherige Oppositionspartei BJP und ihr unternehmerfreundlicher Spitzenkandidat Narendra Modi könnten 279 der 543 Parlamentssitze und damit eine absolute Mehrheit im indischen Unterhaus erreichen. Dies hatte sei 30 Jahren keine Partei mehr geschafft. Die bisher regierende Kongresspartei des Gandhi-Clans, die die Geschicke der Atommacht seit der Unabhängigkeit 1947 die meiste Zeit lenkte, sah einer noch nie dagewesenen Niederlage entgegen. Die von der mächtigen Nehru-Gandhi-Familie gelenkte Partei wird nach Angaben der Wahlkommission nur etwa 46 Wahlkreise für sich entscheiden. Insgesamt hatten in den vergangenen Wochen mehr als eine halbe Milliarde Inder abgestimmt, 815 Millionen waren wahlberechtigt. Damit handelte es sich um die grösste Wahl der Menschheitsgeschichte. Die Wahlbeteiligung lag mit 66 Prozent so hoch wie nie zuvor in Indien.
Vertrauensbonus in neue Regierung
Der überraschend klare Wählerauftrag in Indien sollte das Vertrauen von Investoren, Verbrauchern und Unternehmen gleichsam stärken. Das habe das Zeug dazu einen neuen Bullenmarkt einzuleiten, sagte Analyst Abhay Laijawala von der Deutschen Bank. Als Bullenmarkt bezeichnen Börsianer die Erwartung anhaltend steigender Kurse. Laijawala nennt als Kursziel für den Sensex 28 000 Punkte. Joshua Mahony vom Londoner Broker Alpari UK zufolge feiern die Anleger in Indien schon einmal das sich abzeichnende Wahlergebnis mit dem ersten Sieg einer einzelnen Partei seit fast drei Dekaden: «Das Plus im Sensex ist deutlicher Ausdruck für den Konjunkturoptimismus im Markt.» Die BJP hat sich schliesslich den Abbau von Bürokratie auf die Fahnen geschrieben und will damit grosse Infrastrukturprojekte und wirtschaftliches Wachstum erleichtern.» Entsprechend dürften Aktien aus den Sektoren Rohstoffe, Energie und Bau profitieren. Händler Andreas Lipkow vom Vermögensverwalter Kliegel & Hafner verweist auch auf die Stabilisierung der indischen Rupie und der Staatsanleihen des Landes als wichtigen positiven Effekt des klaren Wahlergebnisses. Die Gefahr von Mittelabflüssen sei vorerst gebannt.
Aus technischer Sicht bleiben Börsenaussichten positiv
Auch aus technischer Sicht bleiben die Aussichten für den Markt positiv. «Der Sprung auf ein neues Allzeithoch ist eines der besten Signale in der technischen Analyse. Anleger sollten ihre Positionen mit dem Trend weiter nach oben laufen lassen», sagte der technische Analyst Jörg Scherer von HSBC Trinkaus & Burkhardt. Ein erstes Ziel für den Sensex liege aus technischer Sicht bei 26 000 Punkten. (awp/mc/ps)