Iran demonstriert Stärke und provoziert weiter
Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad.
Tel Aviv – Der Iran demonstriert im Atomstreit mit dem Westen Stärke und provoziert weiter: Die Führung in Teheran will nach Angaben von Diplomaten Zentrifugen moderner Bauart einsetzen, um die Urananreicherung zu beschleunigen. Als Antwort auf die jüngsten Sanktionen stoppte der Iran Erdölexporte nach Grossbritannien und Frankreich. Trotz der wachsenden Spannungen raten westliche Politiker, einen kühlen Kopf zu bewahren. Die US-Regierung will Israel angeblich von einem Angriff auf den Iran abhalten.
Der Westen verdächtigt die Führung in Teheran, unter dem Deckmantel der zivilen Atomforschung Kernwaffen zu entwickeln. Der Iran ignoriert alle Aufforderungen, die Anreicherung von Uran zu stoppen. Für Atomwaffen ist allerdings hochangereichertes Uran notwendig. Israel sieht in dem Atomprogramm des Irans die grösste Bedrohung für seine Existenz. «Wir werden unseren Weg und die friedliche Nutzung der Atomtechnologie ohne jegliche Zweifel und mit Selbstbewusstsein fortführen», kündigte Irans Aussenminister Ali-Akbar Salehi am Sonntag in Teheran an. Man sei «auf das schlimmste Szenario vorbereitet».
IAEA-Experten in Teheran
Auslöser für die neue Eskalation im Atomstreit sind Äusserungen von Diplomaten in Wien, wonach der Iran in Kürze mit der Installation tausender Uran-Zentrifugen der 4. Generation in der neuen Anreicherungsanlage in der Stadt Fordo beginnen könnte. Die leistungsfähigeren und schnelleren Zentrifugen könnten den Prozess deutlich beschleunigen, berichtete die britische BBC am Sonntag. Ein Expertenteam der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA will ab Montag in Teheran einen neuen Anlauf unternehmen, die Möglichkeiten einer diplomatischen Lösung des Konflikts auszuloten. Dabei geht es auch um Fragen zu Anlagen, von denen in westlichen Geheimdienstberichten immer wieder die Rede ist, deren Existenz aber Teheran bestreitet.
Wettrüsten ohne Sicherheitsmechanismen
Der britische Aussenminister William Hague hatte Teheran zuvor erneut vorgeworfen, Atomwaffen zu entwickeln. «Die Iraner sind ganz klar dabei, ihr nukleares Waffenprogramm voranzutreiben», sagte er der Zeitung «Daily Telegraph». Hague hält im Nahen Osten auch ein neues atomares Wettrüsten wie im Kalten Krieg zwischen Ost und West für möglich. Allerdings fehlten die Sicherheitsmechanismen, wie sie damals zwischen dem Westen und der Sowjetunion wirksam gewesen seien. Irans Aussenminister Salehi kommentierte die Äusserungen: «Das ist nur ein Versuch (der Briten), in den Medien Stimmung gegen den Iran zu machen.» Hague stellte auch klar, dass Grossbritannien einen Militärschlag gegen den Iran nicht unterstütze.
USA warnen Israel erneut vor Angriff
Auch US-Generalstabschef Martin Dempsey warnte: «Es wäre zu diesem Zeitpunkt nicht weise, den Iran anzugreifen», zitierte die US-Agentur Bloomberg den General. Ein Militärschlag werde keinem langfristigen Ziel Israels dienen. «Wir wissen auch, oder glauben zu wissen, dass das iranische Regime noch keine Entscheidung darüber gefällt hat», eine Atomwaffe zu bauen. Der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle warnte vor einer Verschärfung des Streits. «Eine Eskalation – von welcher Seite auch immer – musst jetzt im allseitigen Interesse vermieden werden», sagte er am Sonntag beim G20-Aussenministertreffen im mexikanischen Badeort Los Cabos.
Barak fordert noch schärfere Sanktionen gegen Iran
In Israel versucht nach einem Bericht der Tageszeitung «Jediot Achronot» (Sonntag) der US-Berater für Nationale Sicherheit, Tom Donilon, die Führung in Jerusalem dazu zu bewegen, Sanktionen gegen Teheran eine Chance zu geben. Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak forderte am Samstag bei einem Besuch in Tokio noch schärfere Sanktionen gegen den Iran. Für neue Unruhe in der Region sorgte die Entsendung zweier iranischer Kriegsschiffe ins Mittelmeer – zum zweiten Mal binnen eines Jahres. Die beiden Schiffe – ein Zerstörer und ein Versorgungsschiff – passierten am Samstag den Suez-Kanal und legten dann im syrischen Hafen Tartus an, wo auch Russland einen grossen Stützpunkt für seine Kriegsmarine unterhält. (awp/mc/ps)