Teheran / Berlin – Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat ein Gespräch mit US-Präsident Donald Trump an ein Einlenken der Vereinigten Staaten im Atomkonflikt geknüpft. Bei einem Treffen mit politischen Aktivisten zeigte sich Ruhani unnachgiebig: «Kapitulation ist mit unserer Mentalität und Religion nicht vereinbar, und wir werden daher in dieser Situation auch nicht kapitulieren», sagte Ruhani am Samstagabend laut Webportal des Präsidialamts in Teheran. Trump hatte der iranischen Führung am Donnerstag vorgeschlagen, ihn anzurufen, um direkt über den Konflikt zu sprechen.
Ruhani schloss Verhandlungen mit Trump nicht gänzlich aus. Seine Bedingung sei jedoch, dass der US-Präsident zunächst den Ausstieg aus dem Wiener Atomabkommen von 2015 und die Sanktionen gegen Teheran zurücknehme. Der Leiter des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Heschmatollah Fallahtpischeh, erklärte am Sonntag, Trumps Ausstieg aus dem Atomdeal habe gezeigt, dass die jetzige US-Regierung nicht zuverlässig sei. Daher werde der Iran Trump auch nicht anrufen.
«Call me first»
Trump hatte am Donnerstag an die Adresse Teherans gesagt: «Was sie tun sollten, ist, mich anzurufen, sich hinzusetzen. Wir können einen Deal machen, einen fairen Deal. Wir wollen nur nicht, dass sie Atomwaffen haben.» Medienberichten zufolge soll Trump der Schweizer Botschaft in Teheran, die die diplomatischen Interessen der USA im Iran vertritt, auch eine Telefonnummer gegeben haben, unter der Ruhani ihn anrufen könne. Dies führte in sozialen Medien zu spöttischen Reaktionen, unter anderem zu dem Aufruf: «Call me first» (Ruf mich zuerst an).
Ruhani räumte ein, der Iran sei derzeit in einer schwierigen Lage. Er verglich den «Wirtschaftskrieg» der USA gegen den Iran mit dem achtjährigen Krieg zwischen dem Iran und dem Irak. Dieser Krieg hatte 1980 mit einem Angriff des Regimes von Saddam Hussein auf den Iran begonnen und Hunderttausende Menschen das Leben gekostet. Der derzeitige «Krieg» sei aber problematischer, sagte Ruhani. «Damals (1980) hatten wir nicht die Probleme mit unserem Ölexport und der Zusammenarbeit mit den internationalen Banken.» Er versicherte aber, der Iran werde Widerstand leisten und gemeinsam nach Lösungen suchen.
US-Sanktionen ausgeweitet
Die USA hatten am Mittwoch neue Wirtschaftssanktionen verhängt, die vor allem die Metallbranche des Irans treffen sollen. Die bisherigen Massnahmen treffen vor allem den Finanz- und Energiesektor. Unter den US-Strafmassnahmen leidet besonders der iranische Ölexport, die Haupteinnahmequelle des Landes. Auch der Handel mit dem Ausland wurde praktisch lahmgelegt. Die internationalen Banken wollen aus Angst vor US-Strafen iranische Handelsprojekte nicht finanzieren.
Das Wiener Atomabkommen von 2015 sollte es dem Iran mit strengen internationalen Kontrollen unmöglich machen, Atomwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug stellten die USA und die europäischen Vertragspartner den Abbau von Sanktionen und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen in Aussicht. Die USA stiegen aber vor einem Jahr einseitig aus dem Abkommen aus, weil sie den Iran für einen Unruhestifter und Unterstützer von Terrorismus in der Region halten. Der Iran drohte vergangene Woche seinerseits, nach Ablauf einer 60-Tages-Frist den Ausstieg einzuleiten, falls die Vereinbarungen nicht eingehalten und die Sanktionen nicht aufgehoben werden.
Militärpräsenz erhöht
Die USA haben inzwischen ihre Militärpräsenz in der Region erhöht. Das Pentagon verlegte den Flugzeugträger «USS Abraham Lincoln» und eine Bomberstaffel in den Nahen Osten und begründete dies damit, dass es Hinweise darauf habe, dass der Iran Angriffe auf US-Truppen unternehmen könne. Am Freitag erklärte das Ministerium, der kommissarische Verteidigungsminister Patrick Shanahan habe auch der Verlegung der «USS Arlington» und eines Patriot-Systems in die Region zugestimmt. Wie auch im Fall des Flugzeugträgers war die Verlegung der «USS Arlington» schon länger geplant, wurde aber beschleunigt.
Auch die Europäer sehen die Rolle des Irans in der Region kritisch, wollen aber an dem Atomdeal festhalten. «Gerade weil wir dem Iran misstrauen, brauchen wir das Abkommen», bekräftigte Aussenminister Heiko Maas (SPD) in der «Bild am Sonntag». Mit klaren Regeln und Kontrollen erreiche man mehr als mit Drohungen allein.
Die Grünen forderten Maas auf, «schleunigst» nach Teheran zu reisen, um das Abkommen zu retten. Für Krisendiplomatie seien direkte Gespräche nötig, sagte Omid Nouripour, aussenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, dem «Spiegel». «Die Lage ist zu ernst für Appelle aus der Ferne.»
Afghanische Flüchtlinge sollen nicht abgeschoben werden
Der Iran versicherte unterdessen, eine Abschiebung afghanischer Flüchtlinge stehe nicht zur Debatte. Vizeaussenminister Abbas Araghchi sagte laut Nachrichtenagentur Isna, seine Aussagen zu diesem Thema seien «falsch interpretiert und wiedergegeben» worden. Araghchi hatte in einem Interview gesagt, falls die US-Sanktionen die Öl-Einnahmen weiter negativ beeinflussen sollten, könnte dies auch dazu führen, dass sich die Flüchtlinge eine neue Zuflucht suchen müssten. Laut Regierung leben zurzeit rund drei Millionen afghanische Flüchtlinge im Iran, zwei Millionen von ihnen gehen demnach einer Arbeit nach. (awp/mc/ps)