Dublin – Nach der Einigung der G20 auf eine globale Mindeststeuer hat Irland seine Niedrigsteuerpolitik verteidigt und seinerseits die grossen Länder kritisiert. Es gehe ihnen nicht nur um Steuergerechtigkeit, sagte Vize-Regierungschef Leo Varadkar am Montag. «Grosse Länder versuchen, Steuereinnahmen auf Kosten kleinerer Länder wie Irland, Luxemburg, den Niederlanden und anderen zu erzielen.» Zudem träten sie für eigene Interessen ein: So hätten die USA durchgesetzt, dass die EU auf eine Digitalsteuer verzichtet, und Grossbritannien schütze die Londoner City. «Auch wir müssen und werden unsere Interessen wahren», sagte Varadkar.
Irland verweigert sich der Reform, das EU-Mitglied verlangt derzeit 12,5 Prozent Unternehmensteuer. Die G20-Finanzminister hatten sich am Wochenende auf zwei Neuerungen geeinigt: International tätige Firmen sollen unabhängig von ihrem Sitz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Zahlt ein Unternehmen mit seiner Tochterfirma im Ausland weniger Steuern, kann der Heimatstaat die Differenz einkassieren. Das soll verhindern, dass Gewinne in Steueroasen verlagert werden. Ausserdem sollen grosse Unternehmen nicht mehr nur in ihrem Mutterland besteuert werden, sondern auch da, wo sie gute Geschäfte machen.
«Dieses stabile niedrige Unternehmensteuersystem von 12,5 Prozent hat sich für Irland bewährt», sagte Varadkar. «Wir haben jährlich etwa 10 Milliarden Euro Unternehmensteuer eingenommen, doppelt so viel wie ein durchschnittliches europäisches Land pro Kopf. Es ist eines der Beispiele, in denen niedrige Steuern zu höheren Einnahmen führen, in einer Welt, in der Vermögen, Arbeitskräfte und Unternehmen sehr mobil sind.» Irland fürchtet, aufgrund der Reform ein Fünftel der Unternehmensteuereinnahmen zu verlieren. Varadkar kündigte weiter Verhandlungen an. Finanzminister Paschal Donohoe sprach in Brüssel mit seiner US-Kollegin Janet Yellen. (awp/mc/pg)