Geir Haarde, ehemaliger isländischer Premierminister.
Reykjavik – Der frühere Regierungschef von Island, Geir Haarde, muss sich seit Montag vor einem Sondergericht für seine Rolle in der Finanzkrise verantworten. Ihm wird Mitverantwortung am Kollaps des isländischen Bankensystems vorgeworfen. Der 60-jährige Haarde wies zu Prozessbeginn die Anschuldigung zurück, er habe Interessen des Staates verletzt, weil er die Krise nicht verhindert habe.
Der Ex-Premier ist der einzige Politiker, der sich für die Finanzkrise in Island verantworten muss. Der Anklageschrift zufolge wird Haarde der Fahrlässigkeit beschuldigt. Er habe es versäumt, beim Kollaps der drei grössten isländischen Banken – Kaupthing, Landsbanki und Glitnir – einzugreifen. Bei einem Schuldspruch drohen dem Politiker zwei Jahre Haft. Der Ex-Premier und frühere Chef der konservativen Unabhängigkeitspartei war im Januar 2009 in Folge der Bankenpleite zurückgetreten.
Staatspleite mit Milliardenkrediten verhindert
Während der Finanzkrise im Jahr 2008 sammelten Islands Banken Schätzungen zufolge Schulden an, die dem zehnfachen Wert des Bruttoinlandsprodukts der Insel entsprachen. Die isländische Krone verlor stark an Wert. Viele der rund 320’000 Einwohner Islands verloren ihre Ersparnisse. Mit Milliardenkrediten von anderen skandinavischen Ländern und vom Internationalen Währungsfonds (IWF) wurde eine Staatspleite verhindert. (awp/mc/ps)