Israelisches Parlament billigt zentrales Element umstrittener Justizreform
Jerusalem – Trotz monatelanger Proteste hat die Regierung von Premier Netanyahu einen Teil ihrer kontroversen Reform des Justizsystems durch das Parlament gebracht. Dadurch wird das höchste Gericht des Landes entmachtet.
Trotz massiven Widerstands hat Israels Parlament ein Kernelement der umstrittenen Justizreform verabschiedet. 64 von 120 Abgeordneten stimmten nach tagelangen Debatten für einen Gesetzentwurf, der die Handlungsmöglichkeiten des Höchsten Gerichts einschränkt. Die Opposition boykottierte die Abstimmung. Das Gesetz ist Teil eines grösseren Pakets der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Kritiker stufen es als Gefahr für Israels Demokratie ein.
Mit dem neuen Gesetz ist es dem Höchsten Gericht künftig nicht mehr möglich, eine Entscheidung der Regierung oder einzelner Minister als «unangemessen» zu bewerten. Kritiker befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung wichtiger Posten und Entlassungen begünstigt. Die Netanyahu-Regierung wirft der Justiz dagegen vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen. Justizminister Jariv Levin sprach von einer «Korrektur des Justizsystems».
Reservisten machen Druck
Israels Oppositionsführer Jair Lapid kündigte nach dem Beschluss des Parlaments an, die Opposition werde am Dienstagmorgen beim Höchsten Gericht eine Petition gegen die «einseitige Aufhebung des demokratischen Charakters des Staates Israels» einreichen. Er appellierte auch an Reservisten der Armee, eine Entscheidung des Höchsten Gerichts über das Gesetz abzuwarten, ehe sie ihren Dienst verweigern. Mehr als zehntausend Reservisten hatten zuletzt angekündigt, nicht mehr zum Dienst zu erscheinen, sollte ein Teil der umstrittenen Pläne verabschiedet werden. Auch aus der Wirtschaft und weiteren Teilen der Gesellschaft gab es solche Drohungen. (mc/pg)