Israels Armee: Krieg dauert viele Monate

Israels Armee: Krieg dauert viele Monate
Israels Generalstabschef Herzi Halevi.

Tel Aviv / Gaza – Während Israels Armee ihren Bodeneinsatz gegen die islamistische Hamas im mittleren und südlichen Gazastreifen ausweitet, gehen im Hintergrund die diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation weiter. Nach Einschätzung von Israels Generalstabschef Herzi Halevi werden die Kämpfe jedoch noch «viele Monate» dauern. Es gebe «keine magischen Lösungen». Auch die Hamas will weiterkämpfen. Ein Vorschlag Ägyptens zur stufenweisen Beendigung des Kriegs ist einem Medienbericht zufolge dennoch nicht vom Tisch. US-Präsident Joe Biden sprach derweil mit dem Emir von Katar über «die dringenden Bemühungen» zur Freilassung aller Geiseln und eine Erleichterung der Hilfslieferungen nach Gaza, wie das Weisse Haus am Dienstag mitteilte.

Israels Armee: Gibt keine magischen Lösungen
Die Kämpfe in dem dichtbesiedelten und abgeriegelten Küstenstreifen würden in einem «komplexen» Umfeld ausgetragen, sagte Halevi am Dienstagabend. «Der Krieg wird also noch viele Monate andauern, und wir werden auf verschiedene Weise vorgehen, damit der Erfolg über die Zeit erhalten bleibt», erklärte der israelische Generalstabschef. «Es gibt keine magischen Lösungen oder Abkürzungen bei der grundlegenden Zerschlagung einer terroristischen Organisation, sondern nur einen beharrlichen und entschlossenen Kampf», führte Halevi weiter aus.

UN besorgt über Israels Bombardierungen
«Wir werden auch an die Hamas-Führung herankommen, ob es nun eine Woche oder Monate dauert», sagte Halevi. Israels Militär stehe kurz vor dem Abschluss der Zerschlagung der Hamas-Bataillone im nördlichen Gazastreifen. «Derzeit konzentrieren wir unsere Bemühungen auf den südlichen Gazastreifen – Chan Junis, die zentralen Lager und darüber hinaus», sagte er. Die Angaben liessen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Das UN-Menschenrechtsbüro zeigte sich zuvor besorgt über Israels fortgesetzte Bombardierungen im mittleren Gazastreifen.

Gazastreifen erneut ohne Internet
Seit Heiligabend seien allein in zwei Flüchtlingslagern 137 Menschen ums Leben gekommen, teilte das Büro am Dienstag unter Berufung auf Angaben der Organisation «Ärzte ohne Grenzen» mit. Getroffen worden seien drei Flüchtlingslager. Alle Strassen zwischen den Lagern seien zerstört worden, was die Versorgung mit Hilfsgütern deutlich erschwere. Auch diese Angaben liessen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Telekommunikationsdienste fielen nach Angaben im Westjordanland ansässiger palästinensischer Unternehmen erneut aus. Der Gazastreifen sei wieder von der Aussenwelt abgeschnitten, hiess es.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Dienstag im «Wall Street Journal» die Zerschlagung der Hamas und eine Entmilitarisierung Gazas als Bedingung für Frieden genannt. Er steht allerdings innenpolitisch unter Druck, die Freilassung aller Geiseln in Gaza zu bewirken. Bei einer mehrtägigen Feuerpause Ende November waren 105 Geiseln gegen 240 Palästinenser ausgetauscht worden.

Zeitung: Israel berät ägyptischen Vorschlag zur Deeskalation
Wie die Zeitung nun in der Nacht zum Mittwoch meldete, hat Netanjahus Kriegskabinett einen Vorschlag Ägyptens für eine stufenweise Beendigung des Kriegs an eine grössere Gruppe Minister weitergeleitet. Israel sei bereit, die erste Phase des Vorschlags zu diskutieren, die während einer erneuten Feuerpause die Freilassung weiterer Geiseln im Austausch für palästinensische Häftlinge vorsieht, zitierte das «Wall Street Journal» ein ranghohes Mitglied in Netanjahus Likud-Partei.

Israels Verteidigungsminister: Stehen vor Mehrfrontenkrieg
Nach den Worten von Israels Verteidigungsminister Joav Galant steht sein Land vor einem Krieg an gleichzeitig sieben Fronten. Gemeint sind damit Gaza und das Westjordanland, Libanon, Syrien, Irak, Jemen und der Iran. «An sechs dieser Fronten haben wir bereits reagiert und gehandelt», sagte er nach Angaben der Zeitung «Times of Israel» am Dienstag vor dem Aussen- und Verteidigungsausschuss des Parlaments.

Erneut Angriffe auf Schiffe im Roten Meer
Israel wird nicht nur von der Hamas im Gazastreifen angegriffen, sondern seit Ausbruch des Gaza-Kriegs auch von den Huthi-Rebellen im Jemen. Zuletzt haben diese auch immer wieder Schiffe im Roten Meer attackiert – eine der für den Welthandel wichtigsten Schifffahrtsstrecken. Nach Angaben der proiranischen Gruppe vom Dienstagabend wurde nun ein weiteres Handelsschiff im Roten Meer angegriffen. Die Besatzung der «MSC United» hätte mehrere Warnungen ignoriert. Ob es Verletzte oder Schäden gab, blieb zunächst unklar.

US-Militär schiesst Drohnen und Raketen der Huthis ab
Das mit Israel verbündete US-Militär schoss derweil im Süden des Roten Meeres nach eigenen Angaben zwölf Angriffsdrohnen und fünf von den Huthi-Rebellen abgefeuerte Raketen ab. Dabei seien unter anderem Kampfflugzeuge einer US-Flugzeugträgergruppe im Einsatz gewesen, hiess es am Dienstag. Die Huthis hätten die Kamikaze-Drohnen, drei ballistische Anti-Schiffs-Raketen und zwei Marschflugkörper am Dienstag in einem Zeitraum von etwa zehn Stunden abgefeuert.

Feuerwechsel auch an Israels Nordgrenze
Am selben Tag hatten sich auch die Hisbollah-Miliz und die israelische Armee im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon wieder gegenseitig unter Feuer genommen. Die vom Libanon aus agierende und mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz teilte mit, sie habe militärische Ziele in Israel beschossen und dabei «Volltreffer» erzielt. Die israelische Armee schoss nach eigenen Angaben zurück.

Auslöser des Gaza-Kriegs war die Terrorattacke der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober. Sie brachten mehr als 1200 Menschen um. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive, bei der nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 20 600 Menschen getötet wurden.

Was am Mittwoch wichtig wird
Israels Armee weiter die Bodeneinsätze im Süden des Gazastreifens aus. Die Lage der Zivilbevölkerung ist weiter katastrophal. Israels Kabinett wollte einem Medienbericht zufolge Ägyptens Plan für eine stufenweise Beendigung im erweiterten Ministerkreis erörtern. (awp/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar