Rom – Italien gibt sich trotz möglicher Strafen der EU-Kommission wegen eines zu hohen Haushaltsdefizits unbeugsam. Sein Land werde dem Druck nicht nachgeben, sagte Vize-Regierungschef Matteo Salvini von der rechten Partei Lega am Donnerstag. Vor allem ein Verzicht auf die geplante Rentenreform komme nicht infrage.
Sein Amtskollege Luigi Di Maio von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung erklärte, es werde keine Korrektur am Haushaltsplan vor der Europawahl im Mai 2019 geben. Danach werde es in einigen EU-Ländern mehr Schwung geben, «die Regeln in diesem Spiel» zu verändern.
Die EU-Kommission hatte am Mittwoch auch den nachgebesserten Budgetentwurf aus Rom für 2019 wegen zu hoher Ausgaben abgelehnt und eine Strafe in den Raum gestellt, die sich auf bis zu 3,4 Milliarden Euro summieren könnte.
Um bei der Lösung des Streits voranzukommen, trifft sich EU-Kommmissionschef Jean-Claude Juncker am Samstag mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte. Der Regierungschef sagte, dass die Vorgaben der EU mit der Wirtschaftslage in Italien nicht vereinbar seien. Es sei ein längerer Zeitrahmen zur Umsetzung von möglichen EU-Forderungen zum Haushalt notwendig.
Di Maio: EU will «soziales Blutbad»
Di Maio erklärte, es sei nicht geplant, 2019 über das jetzt genannte Defizit von 2,4 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftskraft hinauszugehen. Die EU dürfe die Regierung in Rom nicht auffordern, die Italiener zu betrügen, denn das werde sie nicht tun.
Auch sei wichtig, nicht die Nachricht zu senden, die EU fordere Italien auf, ein «soziales Blutbad» anzurichten. Salvini sagte einem TV-Sender, er wolle keinen Streit. «Ich möchte, dass Europa uns arbeiten lässt. Ich bin nicht auf einen Konflikt aus, ich habe auch so genug zu tun.»
Finanzminister Giovanni Tria sagte indes, dass Italien im laufenden Haushaltsstreit das Gespräch mit der Kommission suche. Das Budget für das kommende Jahr ziele darauf ab, eine Rezession abzuwehren. Ein neuer Abschwung wäre verheerend für Italien.
Salvini greift Moscovici an
Salvini griff später EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici an. Er warf dem Franzosen vor, Italien immer wieder zu beleidigen. «Italien ist keine Nation von Teppich-Händlern und Bettlern.»
Moscovici hat den Haushaltsentwurf der populistischen Regierung in Rom immer wieder heftig kritisiert und mit Strafen gedroht. Zuletzt wurde er zitiert, keine Lust auf Verhandlungen wie auf einem «Teppich-Basar» zu haben.
Moscovici sagte der Zeitung «Corriere della Sera», der Mix im italienischen Haushaltsentwurf für 2019 sei ungeeignet, das Problem der geringen Produktivität im Land zu lösen. Tatsächlich müsse mehr Geld in Investitionen gelenkt werden.
Im französischen Parlament sagte der EU-Kommissar, er sei zuversichtlich, dass es am Ende eine Einigung geben werde. Das sei schliesslich im allgemeinen Interesse. «Dialog ist in dieser Situation wichtiger als je zuvor.»
Es müsse alles versucht werden, Änderungen am italienischen Haushaltsplan zu erwirken und unterschiedliche Positionen zusammenzubringen. An den Finanzmärkten wird befürchtet, dass Italien mit einer deutlich höheren Neuverschuldung, die Euro-Zone in eine Krise stürzen könnte. (awp/mc/ps)