Mario Monti, italienischer Ministerpräsident sowie Wirtschafts- und Finanzminister ad interim.
Rom – Italien beabsichtigt nicht, mit der Schweiz ein Steuerabkommen nach dem Vorbild der Vereinbarungen Berns mit Deutschland und Grossbritannien abzuschliessen. Dies machte die Regierung von Premierminister Mario Monti am Mittwoch vor dem Parlament klar.
Wie Piero Giarda, Minister für die Beziehungen zum Parlament, in Rom vor der Abgeordnetenkammer ausführte, seien die Übereinkünfte zwischen der Schweiz und den beiden EU-Ländern keine Abkommen zur Verhinderung der Doppelbesteuerung. Stattdessen würden sie vielmehr die Erlangung von Straffreiheit darstellen.
Abkommen mit «Steuerparadiesen» im Parlament gefordert
Die Regierung reagierte damit auf eine Anfrage des Abgeordneten Massimo Donadi von der Mitte-Links-Partei «Italia dei Valori». Donadi hatte von der Regierung eine Erklärung verlangt, wieso Italien noch immer keine bilateralen Steuerverträge mit «Steuerparadiesen» abgeschlossen habe. Gemäss Giarda würden solche Abkommen, die den Erhalt des Bankgeheimnisses ermöglichen, nicht den OECD-Standards entsprechen. Zudem stünden sie «unter Beobachtung» der EU-Kommission, weil sie den Prinzipien der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie widersprechen würden. Brüssel könnte sogar Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und Grossbritannien einleiten.
EU-Kommission skeptisch
Die Aussicht auf zusätzliche Einnahmen durch bilaterale Steuerabkommen mit der Schweiz weckten schon bei anderen EU- und Euro-Staaten Begehren. So fanden sondierende Gespräche zwischen der Schweiz und Griechenland statt. Die EU-Kommission betrachtet diese bilateralen Steuerabkommen jedoch skeptisch. Sie verficht ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene und droht mit Konsequenzen, sollten Verstösse festgestellt werden. So warnte sie zuletzt auch mögliche interessierte EU-Länder vor dem Abschluss solcher bilateraler Abkommen. Vor Italien hatte denn auch bereits Frankreich abgewunken. Der französische Finanzminister François Baroin erklärte nach einem Treffen mit Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die Voraussetzungen für ein Abkommen, wie es die Schweiz mit Deutschland und Grossbritannien unterzeichnet habe, seien zurzeit nicht gegeben. (awp/mc/ps)