Fühlt sich von Justiz in Mailand «feindselig» behandelt: Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi.
Mailand – Zwei Prozessen gegen den früheren italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi droht eine längere Unterbrechung. Grund ist ein Antrag der Berlusconi-Anwälte, das Mediaset-Verfahren um Steuerhinterziehung und den «Ruby»-Prozess um angeblichen Sex mit minderjährigen Prostituierten von Mailand nach Brescia zu verlegen. In beiden Prozessen sollte ursprünglich bis Ostern ein Urteil fallen. Politische Termine und eine Augenerkrankung Berlusconis hatten die Verfahren jedoch schon mehrfach wochenlang gestoppt.
Das höchste Gericht des Landes will Berlusconis Antrag offensichtlich prüfen, was zum Stopp der Mailänder Verfahren führen würde. Eine erste Anhörung soll für den 18. April geplant sein. Die Justiz in Mailand sei voreingenommen gegenüber dem Angeklagten und behandele ihn in seinen Prozessen «feindselig», hatten Berlusconis Anwälte ihren Vorstoss begründet. Das Gesetz, das einen solchen Antrag auf Verlegung möglich macht, stammt aus dem Jahr 2009, als der in mehrere Prozesse verwickelte Berlusconi Ministerpräsident war.
Am Samstag sollte im Mediaset-Prozess nach dem früherem Terminplan des Mailänder Gerichts das Urteil in zweiter Instanz gefällt werden. Berlusconi war in der ersten Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Politische Verpflichtungen hielten ihn davon ab, am Samstag vor Gericht zu erscheinen, hatte er angekündigt. Das Gericht vertagte sich daraufhin auf den 20. April und könnte dann über eine längere Unterbrechung des Prozesses entscheiden. Auch der «Ruby»-Prozess gegen Berlusconi könnte am Montag in Mailand unterbrochen werden.
Berlusconis Mitte-Rechts-Partei PdL kam am Samstag für einen Protest in Rom zusammen. Er sollte ursprünglich frontal gegen die Richter und Staatsanwälte gerichtet sein, die aus politischen Gründen Berlusconi «verfolgen». Das Motto der Kundgebung auf der Piazza del Popolo wurde dann aber noch abgeschwächt zu: «Alle mit Silvio – gegen die Unterdrückung durch Steuern, Bürokratie und Justiz.» Berlusconi erneuerte dabei vor seinen Anhängern den Anspruch, an der künftigen Regierung beteiligt zu werden, sonst müsse es eben Neuwahlen geben. (awp/mc/ps)