Italiens designierter Regierungschef beginnt mit Regierungsbildung
Rom – Begleitet von Skepsis im In- und Ausland hat Italiens designierter Ministerpräsident Giuseppe Conte mit der Bildung seiner Regierung begonnen. Am Donnerstag traf sich der parteilose Jurist zu Gesprächen mit verschiedenen Fraktionen im italienischen Parlament.
Er werde den gesamten Freitag daran arbeiten, Präsident Sergio Mattarella einen Vorschlag zur Zusammensetzung seiner Regierung zu unterbreiten, sagte Conte am Donnerstagabend nach Treffen mit den Spitzen der Parteien. Dieser hatte Conte am Mittwoch mit der Regierungsbildung beauftragt.
Die neue Koalition zwischen Fünf-Sterne-Bewegung und Lega soll die wochenlange Hängepartie nach der Parlamentswahl von Anfang März beenden.
Die beiden EU-kritischen Parteien hatten den Politik-Neuling Conte am Montag als Kompromisskandidaten präsentiert, da der Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio und der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini den Posten des Regierungschefs nicht dem jeweils anderen überlassen wollten.
Italienischen Medienberichten zufolge könnte der Parteilose seine Ministerliste bereits am Freitag Mattarella vorlegen. Dieser muss das Kabinett laut Verfassung absegnen, bevor anschliessend das Parlament darüber abstimmen kann.
Konfrontation mit EU
Lega und Fünf Sterne wollen die Sparpolitik im hoch verschuldeten Italien beenden und gehen damit massiv auf Konfrontationskurs zur EU, die auf fortgesetzte Konsolidierung drängt. Sie planen unter anderem Steuersenkungen und zusätzliche Sozialausgaben. Zudem soll die Abschiebung illegaler Flüchtlinge beschleunigt werden.
Conte hatte am Mittwoch deutlich gemacht, dass seine Regierung einen selbstbewussten aussenpolitischen Kurs verfolgen will. «Ich bin mir der Notwendigkeit bewusst, Italiens Platz in Europa und der Welt zu behaupten», sagte er. Zugleich kündigte er an, dabei den «Dialog» mit den europäischen Institutionen suchen zu wollen.
Im Kabinett des 53-jährigen Politik-Quereinsteigers Contes gelten di Maio und Salvini als gesetzt. Italienischen Medien zufolge ist der Lega-Vorsitzende als Innenminister vorgesehen. Di Maio soll das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung übernehmen.
Diskussionen um Wirtschaftsminister
Für Diskussionen sorgt vor allem eine mögliche Nominierung von Paolo Savona, den die Lega als Wirtschaftsminister will. Der 81-jährige Ex-Minister sieht den Euro als «deutsches Gefängnis» für Italien.
Die EU-Kommission warnte die künftige Regierung in Rom davor, den Schuldenberg des Landes zu vergrössern. Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erklärte zugleich, er wolle der Koalition nicht voreilig mit Misstrauen begegnen. Dass Conte offen für Dialog sei, sei ein «gutes Zeichen», sagte er dem Sender France Info. (awp/mc/ps)