Italiens Premier will zurücktreten – Kommt dritte Regierung Conte?

Italiens Premier will zurücktreten – Kommt dritte Regierung Conte?
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte.

Rom – Eine Woche nach einer knapp gewonnenen Machtprobe im Parlament bietet Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte seinen Rücktritt an. Diesen Schritt wolle er am Dienstag in einer Kabinettssitzung ankündigen, teilte die Regierung in Rom am Montag mit. Anschiessend wolle der parteilose Jurist mit seinem Plan zu Staatschef Sergio Mattarella gehen. Conte hatte mit seinem Mitte-Links-Bündnis zwar in der vergangenen Woche zwei Vertrauensabstimmungen im Parlament knapp gewonnen. Trotzdem hat seine Minderheitsregierung keine stabile Mehrheit mehr im Parlament – besonders nicht in der zweiten Kammer, dem Senat.

Am 13. Januar war das seit September 2019 regierende Bündnis durch den Auszug der Kleinpartei Italia Viva des früheren Ministerpräsidenten Matteo Renzi geplatzt. Hintergrund war ein Streit um den Einsatz von EU-Hilfsgeldern in der Corona-Pandemie. Seither versuchten der parteilose Premier und seine Partner – die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die Sozialdemokraten (PD) und eine kleine Links-Partei – neue Unterstützer im Parlament zu finden.

Nach Medienberichten vom Montag hofft die bisherige Koalition darauf, dass Conte vom Staatschef noch einmal den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten wird. Es wäre das dritte Bündnis Contes in Folge. Er ist seit 2018 Ministerpräsident. Gestartet war er mit einem Mitte-Rechts-Kabinett unter Beteiligung der rechten Lega von Matteo Salvini, das 2019 zerbrach.

Neue Machtprobe
Nach den gewonnen Vertrauensabstimmungen in der vergangenen Woche stand Contes Regierung in dieser Woche bereits die nächste Hürde bevor. In einer Abstimmung zur Justizpolitik im Senat, der kleineren der beiden Parlamentskammern, drohte ihr Mitte der Woche eine symbolstarke Niederlage. Dabei ging es um einen Bericht von Justizminister Alfonso Bonafede – eigentlich eher ein Standard-Termin. Doch in der seit Wochen brodelnden Krise in Rom wurde daraus eine neue Machtprobe.

Bei den beiden Vertrauensabstimmungen nach dem Bruch der Koalition hatten sich die Italia-Viva-Politiker überwiegend enthalten. Das sicherte Conte die einfache Mehrheit von 156 Stimmen im Senat – und damit seinen Posten. In der grösseren Abgeordnetenkammer erzielte Conte mit vielen Stimmen kleinerer Gruppen sogar die absolute Mehrheit. Doch bei dem Votum zur Justizpolitik wollte Renzis Italia Viva gegen die Regierung votieren. Es wurde deutlich, dass die Minderheitsregierung grosse Projekte – etwa im Kampf gegen die Pandemie – kaum allein durchsetzen kann.

Der Rücktritt Contes muss jedoch nicht bedeuten, dass er aus der Spitzenpolitik Italiens verschwindet. In Rom wurde erwartet, dass die alten Partner versuchen wollen, eine neue, erweiterte Regierungsallianz zu bilden. Dabei könnte der 56 Jahre alte Jurist erneut an der Spitze stehen.

Staatschef Mattarella kommt wichtige Rolle zu
Grundlegende Entscheidungen dafür liegen jedoch in den Händen von Staatschef Mattarella. Ihm kommt in Krisenzeiten eine wichtige Rolle zu. Er kann nach dem Ende der Regierung einen Politiker damit beauftragen, eine neue Regierung zu bilden. Wenn keine Mehrheiten zu finden sind, kann er eine vorgezogene Wahl erwirken. Das fordern vor allem die Parteien des rechten Blocks.

Allen voran Lega-Chef Salvini rechnet sich dadurch Chancen aus, selbst eine Regierung in einem Bündnis unter anderem mit der konservativen Forza Italia und der rechten Partei Fratelli d’Italia stellen zu können. Regulär ist die nächste Wahl erst 2023 vorgesehen. In Rom wurden auch die Optionen einer «Einheitsregierung» vieler Kräfte von rechts bis links diskutiert – oder eine kurzzeitige sogenannte Expertenregierung bis zu einer möglichen Wahl im Sommer.

Nach dem Bekanntwerden von Contes Plänen, seinen Rücktritt einzureichen, bekräftigten der Chef der Sozialdemokraten, Nicola Zingaretti, und andere Partner, weiter an Conte festhalten zu wollen. «Mit Conte für eine neue Regierung, die eindeutig proeuropäisch ist und von einer breiten parlamentarischen Basis unterstützt wird, die Glaubwürdigkeit und Stabilität garantiert, um den grossen Herausforderungen Italiens zu begegnen», schrieb Zingaretti auf Twitter. (awp/mc/ps)

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