IWF will Prognose zum Wachstum der Weltwirtschaft erneut senken

IWF will Prognose zum Wachstum der Weltwirtschaft erneut senken
IWF-Chefin Kristalina Georgieva. (IMF Photo/Cory Hancock)

Washington – Vor allem wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine korrigiert der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft erneut nach unten. Für 143 Staaten, die zusammen 86 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung repräsentieren, werde die Wachstumsprognose in der kommenden Woche gesenkt, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa am Donnerstag. Als weitere Gründe für das schwächere erwartete Wachstum führte sie einem vorab verbreiteten Redemanuskript zufolge die hohen Inflationsraten, schwierigere Bedingungen auf den Finanzmärkten und die häufigen und weitgehenden Corona-Lockdowns in China an.

Der IWF hatte seine globale Wachstumsprognose bereits im Januar infolge der Omikron-Welle der Corona-Pandemie um 0,5 Prozentpunkte auf 4,4 Prozent gesenkt. Die neue Prognose soll am Dienstag im Rahmen der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington vorgestellt werden.

«Katastrophale wirtschaftlichen Einbussen» für die Ukraine
Georgiewa betonte, die Herabstufung der Wachstumsprognose treffe Staaten in sehr unterschiedlichen Ausmass. Für die Ukraine sei mit «katastrophalen wirtschaftlichen Einbussen» zu rechnen, für Russland mit einem «starken Einbruch». Viele andere Länder sähen sich wegen des Kriegs Störungen der Handelsbeziehungen und Verzerrungen der Rohstoffmärkte ausgesetzt. Insgesamt würden die Erwartungen für die meisten Nettoimporteure von Nahrungsmitteln und Energierohstoffen gesenkt – «in Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Europa», sagte Georgiewa dem Redemanuskript zufolge. Für viele Länder werde es jetzt noch länger dauern, auf den Wachstumspfad von vor der Corona-Pandemie zurückzukommen.

Die höheren Preise für Energie und Lebensmittel heizten die Inflation weiter an, was «rund um die Welt» die Kaufkraft der Menschen schwäche. «Hunderte Millionen Familien hatten schon mit geringeren Einkommen und höheren Preisen für Energie und Lebensmittel zu kämpfen. Der Krieg hat die deutlich verschlimmert und droht, die Ungleichheit weiter zu verstärken», sagte Georgiewa.

Wirtschaftlicher Ausblick «aussergewöhnlich unsicher»
Auch der weitere wirtschaftliche Ausblick sei «aussergewöhnlich unsicher», sagte die IWF-Chefin weiter. «Der Krieg und Sanktionen könnten eskalieren. Es könnte neue Covid-Varianten geben. Ernten könnten ausfallen.» Russland und die Ukraine hätten vor dem Krieg rund 28 Prozent der globalen Weizenexporte gestellt, Russland und Belarus 40 Prozent des wichtigen Düngemittels Kalisalz.

Die Versorgung mit Nahrungsmitteln sei daher Anlass zu «grosser Sorge». Die internationale Gemeinschaft müsse jetzt handeln, um betroffene Länder – vor allem in Afrika und dem Nahen Osten – zu unterstützen, mahnte Georgiewa. «Die Alternative ist schrecklich: mehr Hunger, mehr Armut und mehr soziale Unruhen – vor allem in Ländern, die sich seit Jahren bemüht haben, Instabilität und Konflikt hinter sich zu lassen.»

Inflation galoppiert
Neben den Folgen des Kriegs und der Pandemie müsse die Weltwirtschaft noch eine deutlich höhere Inflationsrate verkraften. «Zum ersten Mal seit vielen Jahren ist die Inflation für viele Länder weltweit eine klare und präsente Gefahr geworden. Das ist ein massiver Rückschlag für die Erholung der globalen Wirtschaft», sagte Georgiewa.

Auch Weltbank-Präsident David Malpass hat angesichts der steigenden Preise vor einer dramatischen Verschlechterung der Lebensbedingungen in Entwicklungsländern gewarnt. «Die hohe Inflation ist für viele ärmere Staaten eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe», sagte er der «Wirtschaftswoche». Je ärmer ein Land sei, desto schlechter könne es sich vor steigenden Preisen schützen.

Malpass forderte deshalb einen weitreichenden Schuldenerlass für die ärmsten Länder. «Der Krieg in der Ukraine sollte jetzt zu einem Umdenken in den reichen Ländern führen. Wir müssen die armen Staaten von ihren erdrückenden Schulden befreien», sagte er. Teurere Rohstoffimporte trieben in den Entwicklungsländern derzeit die Verschuldung nach oben. Verstärkt werde das noch durch die steigenden Zinsen. (awp/mc/ps)

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