Japan: Ablauf in Fukushima kaum zu beeinflussen
Strahlentest an Anwohnerin in der Umgebung des AKW Fukushima.
Tokio – Die drei Reaktoren des japanischen Atomkraftwerks Fukushima Eins, in denen auch nach Einschätzung der Regierung eine Kernschmelze droht, können nach Experten-Einschätzung fast nur noch sich selbst überlassen werden. «Es bestehen aus technischer Sicht kaum Möglichkeiten, den Unfallablauf noch irgendwie zu beeinflussen».
Dies sagte der ehemalige Geschäftsführer der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), Lothar Hahn, am Montag in Berlin bei einer Veranstaltung der Grünen-Fraktion. Es gebe unterschiedliche Einschätzungen, ob es bereits Leckagen gebe. Die Tatsache, dass Mitarbeiter der Kernkraftwerke bereits in Krankenhäuser behandelt würden, lasse Schlimmstes ahnen.
«Dann liegt das ganze Inventar frei»
Der ehemalige Leiter für Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium, Wolfgang Renneberg, sagte: «Es bestehen ganz grosse Risiken, dass auch die Sicherheitshüllen (um die Brennstäbe) beschädigt werden.» Er sagte: «Dann liegt das ganze Inventar frei.» Dieses hochradioaktive Material sei grösser als in Tschernobyl, wobei dort noch Feuer dazugekommen sei. Das sei in Fukushima nicht zu erwarten. Die letzte verbleibende Möglichkeit sei es, die Sicherheitsbehälter zu fluten und zu kühlen, sagte Renneberg. Dabei könne Wasser mit der Metallschmelze in Kontakt kommen. Die Bildung von Wasserstoff sei die Folge. «Es kann abgelassen werden. Es kann aber auch sein, dass der Wasserstoff im Sicherheitsbehälter explodiert.»
Regierung Verharmlosung vorgeworfen
Renneberg sagte: «Es bestehen ganz grosse Risiken, dass auch die Sicherheitshülle beschädigt wird.» Die Menschen, die dort arbeiteten, würden von radioaktiver Strahlung unmittelbar betroffen. «Man weiss aber nicht, ob es dazu kommt.» Er warf der japanischen Regierung Verharmlosung vor. «Jetzt noch zu behaupten, es bestehe keine Gefahr, ist fahrlässig. Es sind im Moment noch keine Anzeichen da, dass sich die Situation stabilisiert.» Hahn erläuterte, die Temperatur betrage innerhalb des Kerns rund 2000 Grad oder mehr. Bei 2500 Grad werde der Kern flüssig. «Das ist wahrscheinlich noch nicht ganz erreicht, aber wir bewegen uns auf dem Weg dahin.»
Sperrzone um Anlage
Das Szenario eines ausfallenden Kühlsystems mit den Folgen von Fukushima sei auch in Deutschland möglich, sagte Hahn. «Da gibt es keine qualitativen Unterschiede.» Für den Fall einer Beschädigung der Hülle sagte Renneberg: «Die Behörden werden nicht umhinkommen, eine Sperrzone um die Anlage zu legen.» Rund 30 Kilometer wie in Tschernobyl seien vorstellbar. Alles andere sei Frage des Wetters. Japan, Russland und China könnten betroffen werden von erheblicher Belastung. (awp/mc/ps)
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