Japan: Aktionäre wütend auf Fukushima-Betreiber

Japan: Aktionäre wütend auf Fukushima-Betreiber

Masataka Shimizu, scheidender Tepco-Konzernchef.

Tokio – Wütende Aktionäre haben dem Betreiber der Atomruine im japanischen Fukushima am Dienstag mit scharfer Kritik eingeheizt. In Anwesenheit einer Rekordzahl von mehr als 9000 Anteilseignern musste sich das Management des Energiekonzerns Tepco am Dienstag auf der Hauptversammlung bittere Vorwürfe gefallen lassen, für die Katastrophe letztlich verantwortlich zu sein.

Der Tsunami, der die Kühlsysteme des AKW am 11. März zerstörte, hätte einkalkuliert werden müssen, meinte ein wütender Aktionär. Die Krise sei ein «von Menschenhand gemachtes Desaster», wurde der Mann von der Agentur Kyodo zitiert. «Es tut uns aufs Tiefste leid, dass wir ihnen Ärger und Sorgen bereitet haben», sagte der Präsident des Konzerns, Tsunehisa Katsumata. Auf das Unternehmen kommen gewaltige Entschädigungszahlungen zu. Wegen der entwichenen Radioaktivität mussten Tausende von Menschen ihre Häuser und Arbeitsplätze aufgeben. Bauern und Fischer können ihre verseuchten Produkte nicht mehr absetzen. Auch andere Firmen leiden unter der Furcht im In- und Ausland, ihre Produkte könnten verstrahlt sein.

Aktie auf ein Siebtel eingebrochen
Katsumata versprach, die andauernde Katastrophe in den Griff zu bekommen und den Konzern drastisch zu reformieren. Die Aktionäre sind zudem stinksauer, weil der Wert der Aktie in Folge der Krise nur noch ein Siebtel dessen beträgt, was das Papier vor der Katastrophe kostete. Ende Mai hatte Tepco einen Nettoverlust in Höhe von 1,3 Billionen Yen (11 Milliarden Euro) für das am 31. März beendete Geschäftsjahr ausgewiesen. Das ist der höchste je von einem japanischen Konzern ausserhalb des Finanzsektors erlittene Fehlbetrag. In gereizter Atmosphäre versuchte einer der Aktionäre zum Auftakt, Katsumata als Moderator der Hauptversammlung das Vertrauen zu entziehen, scheiterte aber mit dem Antrag. Mehr als 400 Aktionäre konnten sich zudem nicht mit einem Antrag durchsetzen, dass der Konzern aus der Atomkraft aussteigt.

«Noch nie dagewesene Krise»
Tepco benötige eine hohe Summe, um die Opfer des Desasters zu entschädigen und die Reaktoren zu stabilisieren, zitierte die Wirtschaftszeitung «Nikkei» den scheidenden Konzernchef Masataka Shimizu. Der Konzern stecke in einer noch nie dagewesenen Krise. Shimizu übernimmt mit seinem Rücktritt die Verantwortung dafür. Als Nachfolger wurde der bisherige Direktor Toshio Nishizawa nominiert. Derweil gab der Kurs der Tepco-Aktie an der Börse in Tokio zwischenzeitlich nach, nachdem der Konzern ein neues System zur Kühlung der Reaktoren mit dekontaminiertem Wasser stoppen musste. Am Ende schloss das Papier unverändert bei 316 Yen.

Erneut Probleme mit Kühlwasser
Das neue System dekontaminiert Wasser, das zur Kühlung in die Reaktorgebäude gepumpt worden war und nun stark strahlend in der Anlage schwappt und die Reparaturarbeiten behindert. Das recycelte Wasser soll zur Kühlung wiederverwendet werden. Doch in den vergangenen Tagen gab es mehrfach Probleme. Kurz nach dem Wiederanfahren am Montagabend (Ortszeit) musste die Anlage wegen eines Lecks erneut gestoppt werden, meldete der Fernsehsender NHK. (awp/mc/ps)

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