Regierung setzt Fukushima mit Tschernobyl gleich

Masataka Shimizu

Zeigte sich erstmals in der Katastrophenregion Fukushima: Tepco-Chef Masataka Shimizu.

Tokio – Die japanische Regierung stuft das Atomunglück von Fukushima nun offiziell als ebenso schwer wie das Reaktorunglück in Tschernobyl ein. Die Atomsicherheitsbehörde erklärte am Dienstag in Tokio, das Unglück werde jetzt auf der internationalen Bewertungsskala auf der höchsten Gefahrenstufe 7 eingeordnet.

Die Stufe 7 auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES) bezeichnet einen katastrophalen Unfall mit dem Austritt grosser Mengen Radioaktivität und schwersten Auswirkungen auf Menschen und Umwelt.

Ungenaue Messungen zu Beginn der Katastrophe
In der Geschichte der Atomkraft-Nutzung wurde bislang nur die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in diese Kategorie eingeordnet. Bisher hatten die japanischen Behörden das Unglück mit der Stufe 5 qualifiziert. «Wir haben die Einstufung der Schwere (des Unglücks) auf sieben angehoben, weil die Auswirkungen der Strahlung umfassend sind, in der Luft, im Gemüse, in Leitungs- und Meerwasser», sagte Minoru Oogado von der Atomsicherheitsbehörde (NISA). Die Menge der Radioaktivität, die ausgetreten sei, entspreche etwa zehn Prozent der Menge, die in Tschernobyl freigesetzt worden sei. Das Amt von Ministerpräsident Naoto Kan räumte ein, dass die ersten Messungen der Radioaktivität nach der Naturkatastrophe unzureichend gewesen seien. Dies habe dazu geführt, dass Information an andere Länder nur verspätet weitergegeben worden seien.

Anwohner des Kraftwerks verärgert
Der Anlagenbetreiber Tepco erklärte, es werde noch geprüft, wie viel Radioaktivität insgesamt austreten könne. Werde weiterhin Strahlung freigesetzt, könnte letztlich mehr Radioaktivität in die Umwelt gelangen als in Tschernobyl. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei jedoch extrem niedrig. Anwohner des Kraftwerks reagierten verärgert auf die Hochstufung. Japanische Wissenschaftler erklärte hingegen, die Revision sei kein Grund zur Besorgnis. Diese stehe nicht in direktem Zusammenhang mit Risiken für die Gesundheit und die Umwelt, sondern basiere lediglich auf der Gesamtmenge der freigesetzten Radioaktivität. Die meiste Strahlung sei gleich zu Beginn der Krise ausgetreten, und die Hochstufung bedeute nicht, dass noch immer in hohem Masse Radioaktivität austrete.

China fordert schnellere und umfassendere Informationen
China zeigte sich besorgt über das Abpumpen radioaktiv verseuchten Wassers in den Pazifik. Die japanische Regierung müsse die Auswirkungen auf das Leben in dem Ozean und auch die Nachbarländer sehr ernst nehmen, erklärte Ministerpräsident Wen Jiabao auf der Internetseite der Regierung. Zugleich forderte er Kan auf, schnell, genau und umfassend über die Lage zu informieren. Kan versicherte in Tokio, er habe zu keinem Zeitpunkt ihm zur Verfügung stehende Informationen über den Atomunfall zurückgehalten.

Erneute Nachbeben
Ministerpräsident Kan rief die Bevölkerung auf, nicht in Panik zu geraten und sich stattdessen auf die Erholung von der Katastrophe zu konzentrieren. «Die Situation der Atomreaktoren im Kraftwerk Fukushima hat sich jetzt Schritt für Schritt stabilisiert», sagte Kan in einer landesweit übertragenen Fernsehansprache. «Die Menge der austretenden Radioaktivität ist rückläufig.» Ein ranghoher Regierungsvertreter sagte, derzeit seien nicht befürchtete Explosionen in Fukushima, sondern die vielen Nachbeben die grösste Gefahr für das Kraftwerk. Seit dem Erdbeben vom 11. März erschütterten nach Angaben der Behörden mehr als 400 Nachbeben mit einer Stärke von 5 und mehr das Land. Auch am Dienstag wurde Japan erneut von zwei starken Nachbeben über der Stärke 6 erschüttert, die auch wieder Häuser in Tokio ins Wanken brachten. (awp/mc/ps)

Japanische Regierung

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