Tokio – Japans Exporte sind in der ersten Jahreshälfte wegen der Auswirkungen der globalen Corona-Pandemie so stark eingebrochen wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Wie die Regierung am Montag bekanntgab, verringerten sich die Ausfuhren der drittgrössten Volkswirtschaft der Welt zwischen Januar und Juni im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum um 15,4 Prozent auf rund 32,4 Billionen Yen (261 Mrd Euro). Das ist der schwerste Einbruch auf Halbjahresbasis seit einem Exportrückgang von 22,8 Prozent in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 im Zuge der globalen Finanzkrise. Hintergrund ist die stark gesunkene Nachfrage in Übersee nach japanischen Autos und anderen Industriegütern wegen der Pandemie.
Am aktuellen Rand zeigen sich jedoch leichte Besserungszeichen. Die Exporte gingen im Juni zwar immer noch stark gegenüber dem Vorjahresmonat zurück. Allerdings fiel der Rückgang etwas weniger stark aus als im Vormonat. Die Markterwartungen wurden dennoch verfehlt. Auf der Importseite fiel die Verbesserung deutlicher aus: Die Einfuhren sanken gegenüber dem Vorjahresmonat um 14,4 Prozent, nach 26,2 Prozent im Mai. Die Analysten von Pantheon Macroeconomics gehen von einer weiteren, wenn auch fragilen Verbesserung der Aussenhandelsdaten in den kommenden Monaten aus.
Autoexport bricht um über 30% ein
Im ersten Halbjahr brach allein Japans wichtiger Autoexport um 30,9 Prozent ein, wie aus den vorläufigen Daten der Regierung hervorgeht. Bei Autoteilen musste Japan einen Rückgang von 29 Prozent zum Vorjahreszeitraum verkraften. Die Nummer drei der Weltwirtschaft verzeichnete in der ersten Hälfte des Jahres ein Handelsbilanzdefizit von 2,24 Billionen Yen. Das ist der grösste Fehlbetrag seit der zweiten Jahreshälfte 2014. Es ist das vierte Halbjahr in Folge, dass Japan rote Zahlen in seiner Handelsbilanz schreibt. Die Importe des Landes waren im Berichtszeitraum um 11,6 Prozent auf 34,6 Billionen Yen zurückgegangen, der stärkste Einbruch seit dem zweiten Halbjahr 2016.
Sowohl Japans Exporte als auch die Importe gingen damit das dritte Halbjahr in Folge zurück. Im Handel mit den USA schrumpfte Japans Überschuss um 49,3 Prozent auf 1,75 Billionen Yen und damit so deutlich wie seit der ersten Jahreshälfte 2009 nicht mehr, als Japans Handelsbilanzüberschuss mit den USA um 67 Prozent geschmolzen war. Japans Exporte in die grösste Volkswirtschaft der Welt sackten um 27,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab, wozu vor allem die gesunkene Nachfrage nach japanischen Autos beitrug. Die Importe aus den USA gingen um 9,7 Prozent zurück, wie die Regierung weiter bekanntgab.
Die Exporte nach China, wo die Pandemie ausgebrochen war, gingen um 3,6 Prozent zum Vorjahr auf 6,78 Billionen Yen zurück. Die Importe aus der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt verringerten sich um 6,7 Prozent auf 8,48 Billionen Yen. Als Folge verzeichnete Japan mit dem Reich der Mitte ein Handelsbilanzdefizit von 1,7 Billionen Yen. Bezogen auf ganz Asien, einschliesslich China, schrumpfte Japans Überschuss um 20,5 Prozent auf 1,37 Billionen Yen, hiess es weiter.
Mit den Staaten der Europäischen Union (EU) verbuchte Japan ein Handelsbilanzdefizit von 729,9 Milliarden Yen. Die Exporte in die EU gingen dabei im ersten Halbjahr um 17,7 Prozent auf 3,21 Billionen Yen und die Importe um 11,3 Prozent auf 3,94 Billionen Yen zurück.
Wegen der globalen Pandemie war Japans Industrieproduktion eingebrochen, das Land rutschte wie Deutschland in eine Rezession. Erst für die zweite Hälfte dieses Jahres rechnen Ökonomen in Tokio damit, dass es mit Japan wieder etwas aufwärts geht. Doch erwarten die Unternehmen des Landes keinen rasanten Aufschwung, die Grundstimmung in den Manager-Etagen bleibt vorerst pessimistisch, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Umfrage der Notenbank hervorging. (awp/mc/ps)