Tokio – Die Olympia-Macher von Tokio haben sich dem Druck in der Corona-Krise gebeugt und lassen die Sportwelt mit der Verschiebung der Sommerspiele auf 2021 aufatmen. In einer Telefonkonferenz fassten das Internationale Olympische Komitee und die japanischen Gastgeber am Dienstag den längst unausweichlichen Beschluss, die Tokio-Spiele ins nächste Jahr zu verlegen. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe sei mit dem Vorschlag des IOC «hundertprozentig» einverstanden gewesen», sagte IOC-Präsident Thomas Bach. Die Sommerspiele sollen auf «ein Datum nach 2020 verlegt werden», aber nicht später als im Sommer 2021 stattfinden, hiess es.
«Die nunmehr schnelle und klare Entscheidung zur Verschiebung der Olympischen und Paralympischen Spiele ist ein richtiger und enorm wichtiger Schritt für den internationalen Sport und die gesamte Weltgemeinschaft», sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.
Trotz der Olympia-Verschiebung auf das nächste Jahr bleibt es bei dem Namen Tokio 2020. Ausserdem vereinbarten Abe und Bach, «dass die Olympische Flamme in Japan bleibt». Beide waren sich einig, dass die Olympischen Spiele in Tokio in diesen unruhigen Zeiten als «Leuchtfeuer der Hoffnung für die Welt stehen und dass die olympische Flamme zum Licht am Ende des Tunnels werden könnte, in dem sich die Welt derzeit befindet». Der Fackellauf sollte am Donnerstag in der Präfektur Fukushima unter Ausschluss der Öffentlichkeit ohne Fackel, ohne Fackelträger und ohne jegliche Zeremonie starten.
«Ich hoffe, dass Tokio ein Fest der Menschlichkeit und eines Überstehens der Pandemie sein kann», sagte Bach. Über den genauen Zeitpunkt der Austragung sei noch nicht diskutiert worden. «Olympische Spiele sind eines komplexesten Events auf dem Planeten. Das kann nicht in einem Telefongespräch entschieden werden», betonte der IOC-Chef.
Die sporthistorische Entscheidung zu einer Verlegung der für die Zeit vom 24. Juli bis 9. August geplanten Sommerspiele sowie den darauffolgenden Paralympics der Behindertensportler ist durch die Coronavirus-Pandemie unabdingbar geworden. Über den konkreten neuen Termin werde die Koordinierungskommission gemeinsam mit dem Organisationskomitee entscheiden, sagte Bach. «Es gibt so viele Puzzlestücke. Das braucht Zeit», fügte er hinzu.
Bach und Abe brachten ihre Besorgnis über die rasche Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 zum Ausdruck. Sie seien besorgt darüber, was sie dem Leben der Menschen antut und welche «Auswirkungen sie auf die Vorbereitungen der Athleten auf die Spiele weltweit» habe.
Noch am Sonntag hatte das IOC angekündigt, binnen der nächsten vier Wochen eine endgültige Entscheidung über Olympia in Tokio treffen zu wollen und in dieser Zeit über alternative Austragungstermine zu beraten. Da ein Ende der Corona-Krise nicht absehbar ist, wäre eine auch angedachte Verlegung der Tokio-Spiele in den Herbst ein zu grosses Risiko. Kanada, Norwegen und Australien hatten angekündigt, in diesem Jahr wegen der unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken nicht teilnehmen zu wollen.
Für viele Athleten geht nun eine Hängepartie und eine Zeit der Ungewissheit zu Ende. Die Entscheidung bedeute für viele Sportler «den Aufschub, für manche das Ende eines Traums», hiess es in einer Erklärung des Vereins Athleten Deutschland. Sie alle hätten sich mit «unfassbarer Energie und Hingabe» auf diesen Sommer vorbereitet. «Diese Leistung verdient höchste Anerkennung und Respekt, auch wenn sie dieses Jahr in Tokio nicht zur Vollendung kommen kann», hiess es weiter. Die Vereinigung möchte aber alle Athleten «dazu ermuntern, sich nicht entmutigen» zu lassen und ihre Ziele weiterzuverfolgen.
Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul bezeichnete die Verschiebung als «richtig für alle Sportler». Er «hoffe, dass wir alle 2021 die Spiele bekommen, die wir uns erträumen» sagte der 22 Jahre alte deutsche «Sportler des Jahres» von 2019 der Deutschen Presse-Agentur.
«Das hilft vor allem den Athleten, indem es den Trainings- und Qualifikationsdruck in dieser schwierigen Phase nimmt», pflichtete Hörmann dem deutschen Vorzeigeathleten bei. Und es bestätige der Weltbevölkerung, dass auch im Sport alles dafür getan wird, «die weltweite Pandemie bestmöglichst und baldmöglichst unter Kontrolle zu bringen».
Der DOSB hatte für eine Verschiebung um ein Jahr plädiert, was auch als machbarste Alternative galt. Eine Verlegung auf 2022 wäre problematisch gewesen, da im Februar des Jahres die Olympischen Winterspiele in Peking stattfinden sollen und in den Wochen vor Weihnachten die Fussball-WM 2022 in Katar ausgetragen wird.
«Das gibt den Athleten, den Trainern und den Verbänden Planungssicherheit und nimmt ihnen den Druck, trotz erheblich erschwerter Bedingungen die Vorbereitungen auf Tokio 2020 weiter voranzutreiben», sagte Triathlon-Präsident Martin Engelhardt. Auch der deutsche Leichtathletik-Präsident Jürgen Kessing begrüsste die Entscheidung: «Ich denken, die Vernunft hat gesiegt. Alle Athleten haben jetzt Gewissheit, keinen Druck mehr zu haben.» (awp/mc/ps)