Tokio – Japans rechtskonservativer Regierungschef Shinzo Abe hat die vorgezogenen Parlamentswahlen mit überwältigender Mehrheit gewonnen. Damit haben ihm die Wähler ein Mandat für vier weitere Jahre gegeben, um seinen ambitionierten Sanierungskurs zur Belebung der Wirtschaft fortzusetzen und das Militär zu stärken. Er profitierte allerdings von einer zersplitterten Opposition und einer extrem geringen Wahlbeteiligung.
Abe kann jetzt auch andere umstrittene Vorhaben wie die Rückkehr zur Atomkraft kann Abe gestärkt angehen. Seine Liberaldemokratische Partei LDP konnte sich mit ihrem kleineren Koalitionspartner Komeito eine Zweidrittel-Mehrheit von mindestens 317 der 475 Sitze im mächtigen Unterhaus sichern, wie der japanische Fernsehsender NHK in der Nacht zum Montag (Ortszeit) meldete. Die massgebliche Kammer wählt Abe voraussichtlich am 24. Dezember erneut zum Ministerpräsidenten.
Schwache Opposition
Abe Erfolgs basierte vor allem auf der Schwäche der Opposition. Viele Wähler sahen schlichtweg keine andere Alternative, als die Regierung Abe weitermachen zu lassen. Die Wahlbeteiligung erreichte ein Rekordtief. Nach Umfragen ist eine Mehrheit im Volk gegen ein Wiederanfahren der Atomreaktoren, die in Folge der Katastrophe in Fukushima vor fast vier Jahren weiter abgeschaltet sind. Abe will die ersten beiden Meiler Anfang kommenden Jahres anfahren. Auch andere seiner Vorhaben wie eine Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung stossen auf Widerstand.
Abe war vor zwei Jahren mit dem Versprechen gewählt worden, Japan aus der jahrelangen Deflation und Stagnation zu holen. «Drei Pfeile» sollen es richten: Aggressives Gelddrucken, Konjunkturspritzen und Reformen. Doch greift seine «Abenomics» genannte Wirtschaftspolitik bisher nicht. Eine durch die Geldschwemme ausgelöste Abwertung des Yen hat zwar die Exporterlöse grosser Konzerne erhöht. Zugleich stiegen aber die Importpreise, was die Verbraucher und kleinere Firmen belastete. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im April traf die Verbraucher hart, die Wirtschaft rutschte erneut in eine Rezession.
Nationalistische Agenda
Daraufhin verschob Abe eine für 2015 geplante weitere Erhöhung der Steuer und rief Neuwahlen aus. Die gigantische Staatsverschuldung, der höchsten unter allen Industriestaaten, nimmt derweil zu. Kürzlich stufte die US-Ratingagentur Moody`s Japans Bonität herab. Zweifel gibt es auch an Abes Willen zu Strukturreformen. Verhandlungen mit den USA über ein asiatisch-pazifisches Freihandelsabkommen verlaufen schwierig. Japans Bauernlobby wehrt sich vehement gegen eine Öffnung des abgeschotteten Agrarmarktes.
Viele Japaner sorgen sich auch um Abes nationalistische Agenda. Abe erklärte noch in der Wahlnacht, er werde sich um Verständnis im Volk für die angestrebte Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung bemühen. Abe verfolgt eine Stärkung der Sicherheitspolitik Japans, was China und Südkorea mit Argwohn verfolgen. Die Beziehungen der beiden Nachbarstaaten mit Japan sind wegen Inselstreitigkeiten sowie Japans Umgang mit seiner Kriegsvergangenheit schwer belastet. (awp/mc/ps)