Japans Wirtschaft mit stärkstem Wachstum seit zwei Jahren
Tokio – Die Wirtschaft Japans, drittgrösste Volkswirtschaft der Welt, ist im Frühling so stark wie seit gut zwei Jahren nicht mehr gewachsen. Wie aus Regierungszahlen vom Montag hervorgeht, lag die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal 1,0 Prozent höher als im ersten Quartal. Das ist der höchste Wert seit dem ersten Quartal 2015. Annualisiert, also auf das Jahr hochgerechnet, wuchs die Wirtschaft um 4,0 Prozent. Dieser Wert gibt an, wie stark die Wirtschaft wachsen würde, wenn das Tempo ein Jahr gehalten würde.
Das Wachstumstempo lag klar über den Erwartungen von Analysten. Sie hatten im Quartalsvergleich mit einem Zuwachs um 0,6 Prozent gerechnet. Annualisiert hatten die Erwartungen 2,5 Prozent betragen. Im ersten Quartal hatte das Wachstum deutlich niedriger gelegen. Zudem war der Abschnitt von April bis Juni das sechste Quartal in Folge mit Wachstum. Zuletzt gelang das zwischen Januar 2005 und Juni 2006.
Wachstumszahlen aus Japan gelten jedoch als korrekturanfällig, sie werden also häufig nachträglich revidiert. Das wurde auch am Montag deutlich: Das Quartalswachstum für die ersten drei Monate wurde um 0,1 Prozentpunkte auf 0,4 Prozent nach oben gesetzt. Auf das Jahr hochgerechnet ergibt sich eine Wachstumsrate von 1,5 Prozent anstatt der bisher veranschlagten 1,0 Prozent.
Binnennachfrage stützt
Getragen wurde das Wachstum im zweiten Quartal durch die Binnennachfrage, während die Nachfrage aus dem Ausland für Belastung sorgte. Der Inlandskonsum stieg zum Vorquartal um 0,9 Prozent, die Investitionen der Unternehmen um 2,4 Prozent. Der Staat investierte ebenfalls deutlich mehr. Belastung kam dagegen vom Aussenhandel, traditionell das Standbein der japanischen Wirtschaft. Unter dem Strich wurde das Wachstum um 0,3 Prozentpunkte verringert. Ein Grund dafür dürfte der wieder stärkere Yen sein.
Die robusten Wachstumszahlen könnten dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe Rückenwind verleihen. Er hat wegen mehrerer politischer Skandale in seinem Umfeld an Beliebtheit eingebüsst. Auch stellen die neuen Wachstumszahlen das wirtschaftspolitische Konzept Abes wieder in ein etwas besseres Licht. Die sogenannten Abenomics hatten in den Augen vieler Beobachter zuletzt an Glanz verloren. Das Konzept sieht eine Kombination aus hohen Staatsausgaben, sehr lockerer Geldpolitik und Wirtschaftsreformen vor. Weil Japan aber schon sehr hoch verschuldet ist und Abe seine Reformversprechen allenfalls zaghaft umgesetzt hat, steht das Konzept in der Kritik. (awp/mc/upd/ps)